Auch die Zauneidechse muss geschützt werden. Foto: Fotolia/Undine Aust

Die Zauneidechsen in Hofen treiben die Menschen weiter um: Auf einen Bericht der Stuttgarter Nachrichten, der sich mit einem Streit um den Artenschutz in Stuttgart beschäftigt, gab es zahlreiche Reaktionen.

Stuttgart - Die Tiere sorgen für Aufregung. Viele Leser haben auf den Bericht in dieser Zeitung „Probleme mit Juchtenkäfer und Co.“ sowie den Kommentar „Artenschutz muss nerven“ reagiert. Vorneweg die Anwohner.

Denn: Die Zauneidechsen in Hofen treiben die Stadträte der SPD und die FDP weiter um. Zwar stellen sie in ihrem Antrag fest, dass man wohl keine Ausnahmegenehmigung vom Regierungspräsidium bekommen, um die Eidechsen zu vertreiben; fordern aber gleichwohl die Stadtverwaltung auf, eine solche Ausnahmegenehmigung zu beantragen. So solle es möglich werden, die zwei neuen Systembauten am Flüchtlingsheim in Hofen in zweiter Reihe aufzubauen. Dies sei zwar teurer und aufwendiger, aber man könnte die Kleingärten erhalten.

Mario und Robert Lenz haben im Namen der Anwohner geschrieben: „Aus reiner Sicht des Artenschutzes ist ein Verzicht auf jeglichen Ausbau absolut nötig, denn auch die Kleingärten gehören zum Landschaftsschutzgebiet und dienen als Habitat für die Eidechsen.“ Und weiter: „Wir sehen das Vorgehen als Willkür an, egal, wo gebaut wird, müssen Eidechsen leiden.“ Sie finden, die Flüchtlinge sollten anderswo im Stadtteil Mühlhausen untergebracht werden, da Hofen die Hauptlast trage.

Nicht nur die Eidechse ist gefährdet

Ingolf Blocher ist ebenfalls aus Hofen. Er droht: „Falls die Stadt die Erweiterung in Hofen tatsächlich beschließen sollte, werden wir prüfen, ob eine Strafanzeige wegen Verletzung des Artenschutzes erstattet wird.“ Helo Polzin hingegen hat den Eindruck, „dass in unseren Breiten Tierschutz vor Menschenschutz geht“. Doch nicht nur die Eidechse ist gefährdet, auch viele Vogelarten sind bedroht. So bedauert Claudia Seeger-Volk aus Gerlingen, dass sie heutzutage nur noch vereinzelt Vögel singen höre. „Vor 50 Jahren war die Luft dagegen schon morgens erfüllt vom Gesang der Vögel.“

Wenn der Mensch so weiter lebe wie bisher, ohne Rücksicht auf die Natur zu nehmen, „so werden wir bald haben, was Rachel Carson schon 1962 prophezeite: Einen stummen Frühling.“ Für einen vielstimmigen Frühling kämpfen die 20 000 Mitglieder des BUND in der Region mit Geschäftsführer Gerhard Pfeifer an der Spitze. Er schreibt: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber keine Schwalben macht Stuttgart ärmer.“

Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer hat 1974 während des eiskalten Spätsommers mit ihren Schwestern erschöpfte Schwalben aufgepäppelt, in Kartons gen Süden geschickt und so vor dem Hungertod bewahrt. Sie schreibt: „Ich bin die abgedroschenen Witze über Juchtenkäfer, Zauneidechsen oder Feldhamster leid, die von Mitgliedern durchweg aller Parteien zum Besten gegeben werden. Der argumentativ nächste Schritt ist dann jeweils die Frage, ob ein Mensch weniger wert ist als ein Tier.“ Solche schlichten Gegenüberstellungen seien jedoch ebenso platt wie überflüssig. „Unsere Rechtsordnung bietet hinreichend Instrumente zur Güterabwägung aller betroffenen Rechte und Interessen.“