Ein brütendes Rebhuhnpärchen auf einer Blühfläche in Leinfelden-Echterdingen. „Da geht einem das Herz auf“, sagt René Greiner. Foto: Landesjagdverband/René Greiner (z)

Die Allianz für Niederwild ist ein Bündnis, das sich um die Ansiedlung von Rebhühnern, Feldhasen oder Fasanen kümmert. Und offenbar schlagen die ergriffenen Maßnahmen auf der Filderebene an.

Filder - Das Rebhuhn ist ein anspruchsvoller Zeitgenosse. Seinen Wohnort sucht es sich nach bestimmten Kriterien aus – und von denen gibt es einige. Sind zu viele hochgewachsene Bäume da, ist die Gefahr, die von Raubvögeln ausgeht, zu groß. Das Rebhuhn mag Büsche, Hecken, ungemähte Wiesen, auf denen das Gras hochgewachsen ist. Letzteres ist der perfekte Ort, um ein Nest zu bauen und Eier auszubrüten. Ebenfalls wichtig: Das Rebhuhn lässt sich ungern aufschrecken. Kommen zu oft Störenfriede vorbei, wie beispielsweise Spaziergänger mit frei laufenden Hunden, zieht das Rebhuhn lieber weiter.

Die Rebhuhnbestände sind seit 1980 in Europa um 94 Prozent zurückgegangen – auch auf den Fildern ist das so. Umso mehr ist die landesweite „Allianz für Niederwild“ bemüht, dies zu ändern. In diesem Zusammenschluss sind Landwirte, Jäger, Naturschützer, Wildforscher sowie die Kommunen und kommunale Einrichtungen versammelt.

Gemeinsam will man erreichen, dass sich Feldhase, Rebhuhn und Fasan wieder verstärkt in der Agrarlandschaft ansiedeln. „Wir haben hier einen hohen Flächendruck auf den Fildern“, sagt René Greiner, der beim Landesjagdverband für Wildtiermanagement und Naturschutz und somit auch für die Allianz zuständig ist. „Trotzdem ist es eine top Region für Rebhühner: gute Böden, kleinparzellige Landwirtschaft mit mehrjährigen Brachflächen überall.“

Es sind simple Dinge, auf die es ankommt

Die Filder sind Modellregion für die Allianz für Niederwild, „hier gehen Landwirtschaft und Artenschutz bestens zusammen“, erklärt René Greiner. In Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt seien bereits mehrere Maßnahmen umgesetzt worden – mit Erfolg: Jetzt gibt es hier wieder einige brütende Rebhuhnpaare. „Wir haben einmal sogar eine 17er-Kette gesehen“, schwärmt Greiner. Ketten nennt man die Familienverbände bei den Rebhühnern, neben zwei Elternteilen waren das also 15 Junge. „Das war sensationell“, sagt Greiner.

Es sind oft simple Dinge, auf die es ankommt: dass Wiesen nicht gemäht werden, beispielsweise. Beim Rundgang auf den Feldern nahe der Messe deutet Wolfgang Hinderer von der Allianz immer wieder auf einzelne Stücke und sagt: „Hier muss man gar nicht mähen, das könnte man einfach stehen lassen.“ Darum sei es auch so wichtig, mit allen ins Gespräch zu kommen. „Dann stellt sich oft heraus, man weiß gar nicht, warum dort gemäht wird, und man braucht es auch nicht“, sagt René Greiner. Und die Rebhühner freuen sich über hohe Gräser. „Ein Einzelner kommt nicht weit, alle müssen am selben Strang ziehen“, sagt Greiner.

Auch an der Scherlachhecke in Plattenhardt hat sich die Allianz dafür eingesetzt, dass Altgras stehen gelassen wird – außerdem dafür, höhere Bäume zu kürzen. „Die Heckenflächen werden gepflegt, aber nicht kurz geschnitten“, erklärt Greiner. Mit Erfolg: im Jahr 2018 sind diese Maßnahmen erstmals umgesetzt worden, seit 2019 gibt es zwei brütende Rebhuhnpaare an der Scherlachhecke.

„Das Rebhuhn ist ein guter Bio-Indikator“

Zweimal im Jahr wird gezählt: Bei der Kartierung wird überprüft, wie viele Tiere da sind. Bei den Rebhühnern wird der Balzruf des Rebhahns abgespielt. Ist einer in der Nähe, antwortet er, weil er ja sein Revier verteidigen will. Nach Feldhasen durchkämmt man mit Scheinwerfern die Felder. „In Filderstadt gibt es entlang der B 27 einen ordentlichen Hasenbestand“, weiß Wolfgang Hinderer. Hinderer ist von der Jägervereinigung Esslingen und Leiter der Hegegemeinschaft Filder. Zur Allianz für Niederwild gehört er als Berater ebenfalls. Etwa 100 Hasen seien jüngst gezählt worden. Die Füchse dagegen seien aktuell dezimiert, ihnen machten Krankheiten wie die Räude zu schaffen. Denn es ist eine delikate ganzheitliche Balance aus Artenschutz, Naturschutz und Landwirtschaft, die angestrebt wird: Es soll wieder viele Rebhühner, Feldhasen und Füchse geben. Aber eben nicht zu viele – sonst kommt die Agrarlandschaft wieder aus dem Gleichgewicht. „Das Rebhuhn ist ein Bio-Indikator“, sagt Greiner, „geht es ihm gut, geht es auch Hundert anderen Arten gut, Insekten, Vögeln und so weiter, dann funktioniert das System Agrarlandschaft auf Dauer“. Gibt es beispielsweise zu viele Hasen oder zu viele Füchse, können sich Seuchen schnell ausbreiten – hier kommen die Jäger ins Spiel.

Brachflächen sollen gefördert werden

Die Allianz setzt sich dafür ein, Maßnahmen vom Land fördern zu lassen. „Einjährige Brachflächen beispielsweise werden seit 2019 gefördert“, erklärt Greiner. Für das Rebhuhn, das früh im Jahr anfängt, sich sein Revier abzustecken und mögliche Nestbauplätze zu finden, braucht es aber mehrjährige Brachflächen, die also lange Zeit in Ruhe gelassen werden. „Daran arbeiten wir gerade, dass auch diese gefördert werden.“ Solche Brachflächen, auf denen es wild blüht, sind nicht nur für Rebhühner gut, sondern auch für Vögel, Hasen und Insekten, die Nahrung und Deckung finden.

Die Allianz für Niederwild läuft als Projekt noch bis 2021. René Greiner sagt: „Wir wollen einen Jahreskalender erarbeiten, in dem genau verzeichnet ist, welche Maßnahmen wann ergriffen werden sollten.“ Die Hoffnung ist, dass die Arbeit auch nach 2021 weitergehen kann – damit die Rebhühner so fleißig brüten, dass die Nachkommen sich auch außerhalb der Filderebene verbreiten.