Klassisch chic: Arend (rechts) und Georg Zizelmann. In der folgenden Bilderstrecke zeigen wir einige Abendkleider der Designer. Foto: Christian Behnke

Sie sind von der Kleinstadt Aichtal ausgezogen, um die Modewelt zu erobern. Die Zwillingsbrüder Arend und Georg Zizelmann machen gut betuchte Frauen schöner. Produziert wird ausschließlich in Deutschland.

Aichtal - Anfang März haben es die Zwillinge sogar zur Oscarverleihung geschafft. Die Moderatorin Karen Webb berichtete live aus Los Angeles über die Hollywoodstars – in einem cremefarbenen Abendkleid der schwäbischen Designer. Ein Hauptgewinn für jeden Modeschöpfer – oder wie Arend Zizelmann es ausdrückt: „Natürlich ist es eine wunderbare Chance, sich auf diesem Parkett zu präsentieren.“ Arend ist der zwölf Minuten ältere der 51-jährigen Designerzwillinge und der kreative Kopf ihres Labels „Georg et Arend“.

Beim Blick in die Hochglanzmagazine begegnen einem inzwischen regelmäßig die Kreationen der Modemacher, die vom kleinen Aichtal am Rand der Filderebene auszogen sind, um die Welt zu erobern. Die Opernsängerin Nadja Michael etwa trägt Zizelmann. Oder die „Bunte“-Chefin Patricia Riekel und die Schauspielerin Lisa Seitz, die in ihren exklusiven Kleidern über die roten Teppiche schweben. Das Ski-Ass Maria Höfl-Riesch trat im Zizelmann-Brautkleid vor den Altar. Auch Prinzessinnen, etwa Anna Maria von Bayern, schätzen die Roben der Schwaben.

Eine repräsentative Adresse ist da natürlich ein Muss. Im Flagship-Store in der Münchner Falckenbergstraße, nur wenige Meter von der Maximilianstraße entfernt, sind die Ankleidezimmer so groß wie Wohnzimmer – und auch so eingerichtet. Schwarze Glanzlackmöbel, Antiquitäten, Samtsessel, Seidentapeten vermitteln Pariser Flair. „Salon Privée“ nennen die Brüder diesen Teil des Shops: Hier werden VIP- und Maßanfertigungskundinnen empfangen, der Couturier Arend Zizelmann berät persönlich. Anruf genügt.

Im angrenzenden Raum hängt die aktuelle Prêt-à-porter-Kollektion „In love with Gstaad“. In dem Jetset-Domizil haben die Brüder Ende des vergangenen Jahres einen „Concept-Store“ eröffnet. Und der Glamour des Städtchens, in dem in den 60ern Reiche und Schöne wie Grace Kelly, Richard Burton und Elizabeth Taylor in ihren Chalets feierten, haben auch Arend Zizelmann bei seiner Herbst-Winter-Kollektion inspiriert. Das Ergebnis: Kaschmir-Capes mit Lederapplikationen, schwingende Tweedtellerröcke, schmale Stiftkleider und armlange, bestickte Handschuhe. Bouclé-Cardigans im Twinsetstil werden mit Hosen im Marlene-Cut getragen und V-Pullover zu bodenlangen Abendröcken in großem Madras-Karo. Naturtöne, kombiniert mit Grau, Rubinrot oder Smaragdgrün, bestimmen die Farbgebung. Auf Pelz will die gut betuchte Kundin natürlich nicht verzichten. Hier bekommt sie ihn. Das Aushängeschild des Designduos sind aber drapierte Chiffonkleider, gemacht für den großen Auftritt. Preis: 4800 Euro. „Nur wenige Häuser realisieren noch diese aufwendigen, anspruchsvollen Stücke“, sagt Arend Zizelmann.

Arend lernt bei Beate Mössinger

Solides Handwerk sei elementar für ihn – und das Fundament seiner Karriere, sagt er. Die Begeisterung für Ästhetik und schöne Kleider teilen die Brüder seit ihren Kindheitstagen. Schon als Buben berieten sie ihre Mutter in Modefragen. Für Arend folgte eine Schneiderlehre bei Beate Mössinger in Stuttgart. Eine Zeit, die ihm klarmachte, dass auch er später Frauen von Kopf bis Fuß einkleiden möchte. „Das Haus von Beate Mössinger führte neben der eigenen Linie internationale Marken, die es sonst nirgends gab“, erinnert er sich. Dafür seien Kundinnen damals sogar extra von München nach Stuttgart gefahren. Immer samstags durfte der Lehrling selbst im Verkauf mitarbeiten. „Ich habe die Rundumberatung von der Pike auf gelernt.“

Nach seiner Stuttgarter Zeit ging Arend Zizelmann auf die Deutsche Meisterschule für Mode in München, arbeitete dann für den französischen Designer Claude Montana – und entwarf für dessen Label auch eine Herrenkollektion. „Aber ich muss gestehen: Mode für Frauen zu schaffen macht mir viel mehr Spaß.“ Er wechselte zum Münchner Couturier Peter Keppler, bevor er und sein Bruder schließlich dessen Firma übernahmen und sich 2005 den Traum vom eigenen Label erfüllten.

Sie zieht es nicht nach New York, Mailand oder Paris. „Wir und unsere Kundinnen lieben München. Die Stadt ist eine wunderbare Plattform für Mode“, sagt Georg Zizelmann, der die strategischen Fäden der Firma in der Hand hält, sich um das Marketing und die Zahlen kümmert. Den ausländischen Markt wollen die beiden trotzdem erkunden: In wenigen Wochen soll ihr Online-Shop starten. Und ein Geschäft in den USA – wo viele ihrer Kundinnen leben – ist für die beiden auch denkbar. „Wir wollen Schritt für Schritt gehen“, sagt Georg Zizelmann. Und ihre Mode in einer internationalen Metropole zu präsentierten wäre durchaus nach ihrem Geschmack: „London ist fantastisch. Eine Stadt, in der wir uns sehr wohlfühlen und inspirieren lassen“, sagt Arend Zizelmann.

Mode aus Deutschland

Produziert wird der Zwillingslook ausschließlich in Deutschland. „Wer im Ausland nähen lässt, bekommt am Ende oft nicht, was er sich vorgestellt hat“, sagt der Designer. Die Stoffe werden von exklusiven Woll- und Seidenwebereien in der ganzen Welt geliefert. Im Atelier im Münchner Stadtteil Lehel rattern die Nähmaschinen. Hier skizziert Arend Zizelmann seine Entwürfe, wählt Farben aus, bespricht mit den 15 Mitarbeitern den Schnitt und die Raffung des Stoffs, den idealen Sitz der Naht – mindestens 40 Stunden Arbeit stecken in einem Abendkleid. „Mir geht es um Eleganz, Anmut, eine gewisse Selbstverständlichkeit und modernen Zeitgeist“, sagt Arend Zizelmann. Kurzlebigen Trends laufe er nicht hinterher: „Die Stücke sollen nicht das Datum Herbst 2014 aufgestempelt haben, sondern gerne und immer wieder getragen werden.“

Neulich hatte Arend Zizelmann eine Mail in seinem Postfach: „Wissen Sie, meine Frau war an diesem Abend die Schönste von allen“, schrieb ihm der Mann einer Kundin. „Das ist für mich das größte Kompliment“, sagt Zizelmann. Wer zu ihnen komme, suche etwas anderes als eine beliebige „Label-Aussage“, wie er es nennt. Dass er keine Mode für die große Masse, sondern für die gehobene Klasse machen wollte, wusste Arend Zizelmann früh. „Beate Mössinger führte neben dem eigenen Label nur das Feinste – von Chanel bis Valentino. „Da war für mich klar: was anderes kommt auch für mich nicht in Frage. Und etwas anderes in unserem Land zu realisieren würde auch keinen Sinn machen.“ Der Einstiegspreis für ein Abendkleid liegt bei 998 Euro. Ein paar seiner Kundinnen kauften aber nicht gleich eine gesamte Garderobe, sondern sparten gezielt auf ein Stück. Das hat was schwäbisch Bodenständiges.

Sie sind regelmäßig bei ihren Eltern in Aichtal. Als Paradiesvögel würden sie trotz ihres Glamour-Faktors in ihrem Heimatort nicht gelten, sagen die beiden. „Wir empfinden uns nicht als Exoten und präsentieren uns auch nicht so. Nicht wir, sondern die Frauen, die wir anziehen, stehen im Mittelpunkt“, sagt Arend Zizelmann. „Ich war kürzlich bei einem Jahrgangstreffen zu Hause – es war wie immer. Es ist wichtig zu wissen, woher man kommt, wohin man gehen möchte“, sagt sein Bruder Georg. „Das macht uns am Ende des Tages auch aus.“

Die eineiigen Zwillinge verstehen sich ohne viele Worte. Ein Blick reicht, dann weiß der lässigere Georg, dass Arend nichts von seiner Jeansidee hält. „Aber wenn es um meinen eigenen Kleidungsstil geht, bin ich recht unabhängig“, sagt er und grinst. „Wir sind zwar manchmal unterschiedlicher Meinung, aber wir finden immer zusammen“, sagt Arend Zizelmann. „Diese bedingungslose Unterstützung ist ein großes Glück.“