Mit der Nominierung von Simon Greul hat Kapitän Patrik Kühnen die

Mit der Nominierung von Simon Greul hat Kapitän Patrik Kühnen die Veranstalter des Daviscups offenbar vor eine zu große Herausforderung gestellt. Debütant Greul ist der Einzige, von dem auf der Internetseite beim Steckbrief kein Bild erscheint - obwohl er sich zuletzt immer mehr ins Rampenlicht spielte.

Von Stefan Klinger

STUTTGART. Eigentlich wollte Simon Greul (28) in dieser Woche eine Pause einlegen und in seiner Heimat ein paar Dinge erledigen. Vor kurzem hat er sich mit seiner Freundin Klea in Stuttgart eine Wohnung gekauft, im April will er umziehen. Doch statt Küchen anzuschauen und durch Möbelhäuser zu schlendern, schwingt Greul auch dieser Tage wieder den Schläger - und erlebt im südfranzösischen Toulon einen der Höhepunkte seiner Karriere: Beim Erstrundenspiel in Frankreich gehört der Weltranglisten-58. erstmals zum Daviscup-Team. "Es ist etwas ganz Besonderes für mich, jetzt einmal mein Land vertreten zu dürfen", sagt er begeistert, "es ist in den letzten Tagen zwar alles ein bisschen stressig gewesen, aber ich genieße es unheimlich, hier dabei zu sein."

Genau diese Einstellung ist es, die Greul in den letzten Monaten entscheidend nach vorne gebracht hat. Denn vor wenigen Jahren war auch der privat eher ruhige, souveräne Mann einer dieser aufbrausenden Jungspunde, die mit aller Macht in die Spitze der Weltrangliste stürmen wollen - und sich dann mitunter selbst im Weg stehen. "Ich habe früher vieles zu verbissen gesehen, zu viel auf einmal gewollt", sagt Greul, "heute verkrafte ich Niederlagen besser, inzwischen bin ich einfach älter und ruhiger geworden." Greul hat gelernt, aus Niederlagen wie jener in der zweiten Runde bei den US Open 2009, als er Roger Federer nach einer tollen Leistung 3:6, 5:7, 5:7 unterlag, Kraft zu ziehen. Statt jedem Fehler nachzutrauern und damit zu hadern, was gegen den Schweizer Topstar Roger Federer möglich gewesen wäre, erinnerte er sich in den Tagen danach lieber an die Atmosphäre auf dem mit 24 000 Zuschauern ausverkauften Centre-Court. Und auch die Niederlagen gegen nicht derart namhafte Kontrahenten ärgern Greul nicht mehr so massiv wie einst. Stattdessen analysiert er sie in aller Ruhe.

Das zahlt sich aus. In der Weltrangliste gehört Greul seit Oktober konstant zu den Top 70. Selbst der noch Anfang 2009 für unmöglich gehaltene Sprung unter die besten 50 ist nun realistisch. Es wäre das Happy End einer Karriere, die von zwei großen Rückschlägen geprägt ist. 2003 kämpfte sich das Talent in der zweitklassigen Challenger-Turnierserie durch und war auf dem Weg in die Top 100. Dann spielte der Blinddarm nicht mehr mit. Gleich zweimal begab er sich ins Krankenhaus - doch die Ärzte hatten für Greuls Schmerzen keine Erklärung. "Es wurde alles Mögliche bei mir diagnostiziert, nur geholfen hat es nichts", blickt Greul zurück. Erst als er sich während eines Turniers in Genf erneut in Behandlung begab, erkannten die Schweizer Ärzte das Problem - und nahmen ihm den Blinddarm heraus. Die Folgen: einige Monate Zwangspause. Absturz auf Platz 606. Noch bitterer verlief für ihn das Jahr 2007. Greul war auf dem Sprung in die Top 60, als ihn Schmerzen im Handgelenk bremsten. Am Anfang kamen sie vereinzelt, am Ende waren sie chronisch. Greul musste sich einer Operation unterziehen, pausierte fast fünf Monate und fiel erneut in der Weltrangliste deutlich zurück.

Damals setzten ihm die Verletzungen zu, heute blickt er emotionslos zurück. Inzwischen sieht Simon Greul eben alles ein wenig gelassener - und ist damit erfolgreich.