Eine 1936 entworfene Villa des Architekten Paul Schmitthenner muss einem Neubau weichen. An der Haltung der Denkmalschutzbehörde gibt es Kritik.
Stuttgart - Ein altes markantes Haus verschwindet – wieder einmal. Gebaut – und umgebaut – von dem bekannten Architekten Paul Schmitthenner, der zusammen mit Paul Bonatz zu den führenden Vertretern der traditionalistischen „Stuttgarter Schule“ zählt. Am Montag biss die Baggerschaufel auf dem Anwesen in der Eduard-Pfeiffer-Straße 89 unweit des Kriegsbergturms das erste Mal zu. Die Villa wird abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Für die historische, jedoch nicht denkmalgeschützte Villa und das sie umgebende rund 4000 Quadratmeter große Grundstück hat der neue Eigentümer rund acht Millionen Euro bezahlt. Da das Grundstück von außen uneinsehbar ist und der Zutritt nicht gestattet war, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Abrissfotos, die veröffentlicht werden könnten.
Schmitthenner selbst hat die von ihm entworfene Villa umgebaut
Der Abriss des Gebäudes ist rechtens und wurde von der Stadt genehmigt. Dennoch war eine intensive Diskussion über die Schmitthenner-Villa entbrannt. Mehrere Architektur-Fachleute, darunter der frühere stellvertretende Leiter des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt, Wolfgang Voigt, und der Stuttgarter Architekturhistoriker Marc Hirschfell, warnten vor einem „Abriss-Desaster“ und machten sich für den Erhalt der Villa stark, weil sie wie kein zweites Gebäude Schmitthenners verschiedene Schaffensperioden veranschauliche. Schmitthenner hatte die Villa ursprünglich 1936 für den Industriellen Otto Werner entworfen – daher auch der Name Haus Werner. Das Gebäude war im Krieg schwer beschädigt worden; der charakteristische Turm jedoch war unversehrt geblieben. 1950 wurde die Villa instandgesetzt und 1962 wiederum von Schmitthenner umgestaltet. Bis zum Verkauf jetzt befand sich das Haus Werner in Familienbesitz. Bereits 2019 war ein benachbartes Haus des Architekten, das sogenannte Haus Köster, abgerissen worden.
„Eine massive Fehleinschätzung“
DieDenkmalschutzbehörde hat eine Schutzwürdigkeit des Gebäudes verneint. Zur Begründung teilte sie auf Anfrage mit, das Gebäude sei ein „interessantes, aber nicht unbedingt repräsentatives Beispiel für das Schaffen des Architekten“. Der Stuttgarter Architektur-Professor Stephan Trüby hält dagegen: „Ich glaube nach wie vor, dass die Bewertungs- und Begehungskriterien der zuständigen Denkmalschutzbehörden inkonsistent sind und wir hier über eine massive Fehleinschätzung zu sprechen haben.“