Die Stuttgarter Straßenbahnen AG sorgt für das Nahverkehrsangebot in der Stadt. Im dem Unternehmen knirscht es zwischen Betriebsrat und Vorstand gewaltig. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Arbeitnehmervertreter beharren auf die freie Einteilung ihrer Arbeitszeit. Der Vorstand pocht auf Freizeitausgleich und zahlt nicht.

Stuttgart - Im Streit zwischen dem Betriebsrat der stadteigenen Stuttgarter Straßenbahnen AG und dem SSB-Vorstand verschärft sich der Ton. Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart warf der Klägeranwalt den Unternehmensvertretern ein gezieltes Mobbing vor. „Der Betriebsrat soll kaputt gemacht werden“, sagte der Fachanwalt Uwe Melzer. Die Unternehmensspitze wolle offenbar einen gefügigen Betriebsrat installieren, „der tut, was sie will“.

Melzer vertritt eines der freigestellten Mitglieder der Arbeitnehmervertretung, Thomas Asmus. Der frühere Busfahrer ist seit vielen Jahren in der Beschäftigtenvertretung aktiv. Er wurde, wie andere freigestellte Kollegen, nach einer Prüfung im Sommer 2016 von Personalvorstand Sabine Groner-Weber um mehrere Entgeltstufen zurückgestuft. Der Vorstand sah eine deutlich überhöhte Vergütung, weil die Betriebsräte vom vorherigen Vorstand besser als Mitarbeiter einer Vergleichsgruppe eingestuft worden waren. Das verstoße gegen das Betriebsverfassungsgesetz. Dieser Streit ist vor Gericht nicht abgeschlossen.

Strittige Betriebsvereinbarung

Weil die SSB auch die bisher gewährte Überstundenpauschale (1260 Euro) auf null setzte, klagt Asmus nun auf Auszahlung der Überzeit. Um die Pauschale zu ermitteln, hatte er die Überstunden drei Jahre lang und nun auch nach der Rückstufung wieder erfasst. Es gibt drei weitere Betroffene.

Das Unternehmen erwarte von seinem Mandanten nun, so Melzer, dass sich dieser der Betriebsvereinbarung BV flex unterwerfe, obwohl diese ausdrücklich nicht für Betriebsräte gelte. Denn dann würde die Unternehmensleitung die Arbeit des Betriebsrates in dem rund um die Uhr tätigen Unternehmen auf die Zeit von 6.30 bis 19.30 Uhr begrenzen. Jedweder Anspruch auf Vergütung außerhalb dieser Zeiten und über 39,5 Stunden hinaus werde bisher pauschal abgelehnt. Folge Asmus der Forderung, stimme er einer Behinderung der Betriebsratsarbeit zu – das könne für ihn dann zu einem Amtsenthebungsverfahren führen.

Betriebsrat sieht Falle

Der Vorwurf, dass Asmus zum Gesetzesbruch aufgefordert werde, sei „absurd“, sagt die für die SSB tätige Anwältin Muriel Kaufmann. Man sei „weit davon entfernt, ein Amtsenthebungsverfahren auf den Weg zu bringen“, verwahrte sich Personalchefin Karin Marte gegen Melzers Vorwürfe. Der Kläger könne seine Arbeitszeit nicht frei wählen, so Kaufmann, denn für die Vergleichsgruppe Busfahrer gelte ein Schichtbetrieb. Anspruch auf die Abgeltung von Überstunden entstehe nur dann, wenn ein Freizeitausgleich unmöglich sei. Im ersten Schritt wolle man die individuelle Arbeitszeit ermitteln, eine Erleichterung durch ein Gleiszeitmodell sei aber möglich. Nur dem Arbeitgeber stehe letztlich die Entscheidung darüber zu, ob es statt Freizeit Geld gebe. Der Betriebsrat müsse sich grundsätzlich „so aufstellen, dass seine Tätigkeit in der Arbeitszeit möglich ist“, so Kaufmann.

Urteil im Sommer

Die SSB seien kein Schichtbetrieb, sagte Asmus. Er erfasse seine Arbeitszeit und wolle Überstunden auch abfeiern. Er sei aber in dem mehr als 3000 Köpfe zählenden Unternehmen für 1450 Menschen im Fahrdienst zuständig, auch vor 6.30 und nach 19.30 Uhr, sagte Asmus. Als Sprecher im Fahrdienstausschuss sei er zuständig für Dienstpläne, außerdem sei der Betriebsrat in dem Unternehmen an 130 Projekten beteiligt.

Man versuche eine Vergütungsregelung „im legalen Rahmen“ zu erreichen, so Marte. Die wird wohl im Sommer gefunden werden, wenn das Gericht ein Urteil spricht.