Die Neue Arbeit musste den Foto: Müller-Baji

Der Sparkurs der Regierung setzt soziale Einrichtungen vor Ort unter Druck.

Stuttgarter Norden - Erst unlängst hat das in Feuerbach ansässige Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) seine Außenstelle im katholischen Heimgarten auf der Schlotwiese aufgegeben, weil dort zum Schluss kaum noch Jugendliche zum Beikoch ausgebildet wurden (wir berichteten). Doch auch die Neue Arbeit in Zuffenhausen klagt über massive Einbrüche: In den vergangenen Jahren seien die Finanzmittel drastisch weggebrochen, und weitere Kürzungen stünden unmittelbar bevor.

Beim CJD, das vor allem benachteiligte Jugendliche für den ersten Arbeitsmarkt fit macht, sind quer durch die unterschiedlichen Bereiche bereits 80 von 100 Ausbildungsplätze entfallen. Grund dafür ist laut der Agentur für Arbeit, dass sich der Arbeitsmarkt etwas entspannt hat und jetzt auch Jugendliche mit Problemhintergründen noch einen Ausbildungsplatz finden. „Das kann ich mir aber nicht vorstellen“, sagt der CJD-Geschäftsführer Frank Gerhard knapp.

Der Staat soll den Menschen eine sinnvolle Teilhabe am Leben ermöglichen

Die Zuffenhäuser Neue Arbeit gliedert vor allem Langzeitarbeitslose wieder in einen Arbeitsalltag ein. Geschäftsführer Marc Hentschke findet deutliche Worte: „Es reicht nicht, die Leute irgendwo unterzubringen, sie müssen zum Teil auch sehr intensiv betreut werden.“ Das sei in kosteneffizient arbeitenden Betrieben kaum möglich; die hohe Abbrecherquote verdeutliche das. Die Schuld sieht er weniger bei der Agentur für Arbeit: „Die Leute an der Basis freuen sich über jede Maßnahme, die sie anbieten können.“ Das Problem sei das fehlende Geld: Die Regierung kürze bevorzugt dort, wo sie mit möglichst wenig Widerstand rechnet: „Und die Langzeitarbeitslosen haben ohnehin aufgegeben, die gehen auch nicht mehr wählen“, sagt auch Rainer Knödler, Geschäftsführer des Heilbronner Sozialunternehmens Aufbaugilde.

Dabei zeigt eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass Deutschland gerade bei der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen weit unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Und: Jeder Langzeitarbeitslose kostet den Steuerzahler durch den Ausfall im Bruttosozialprodukt zwischen 18 000 und 20 000 Euro jährlich. Geld, das sinnvoller eingesetzt werden könnte: Die Sprecher der Sozialunternehmen fordern einen sogenannten Passiv-Aktiv-Transfer, der im Grunde Hilfe zur Selbsthilfe ist: Anstelle Menschen zu verhalten, solle der Staat lieber Beschäftigungsmaßnahmen schaffen, die jedem eine sinnvolle Teilhabe am Leben ermöglichten.

Allerdings gehen die Einsparungsmaßnahmen des Bundes in die entgegen gesetzte Richtung: „Wir haben schon jetzt sechs Millionen Euro weniger zur Verfügung als noch vor ein paar Jahren, und 2013 soll noch einmal um 15 Prozent, also um 1,5 Millionen gekürzt werden.“ Damit entfallen nicht nur Maßnahmen in der Arbeitsförderung, sondern auch Arbeitsplätze in der Stammbelegschaft – bei der Neuen Arbeit bislang etwa 12 Stellen: „Wir haben versucht, das über Altersteilzeit aufzufangen, aber im Frühjahr hatten wir zum ersten Mal eine betriebsbedingte Kündigung“, bedauert Hentschke.

„Wir dürfen die Dienstleistung nicht mehr anbieten, weil es dafür kommerzielle Anbieter gibt“

Dass die Kürzungen auch diejenigen betreffen können, die glauben, gut ausgebildet zu sein und einen sicheren Arbeitsplatz zu haben, zeigt ein Blick nach Heilbronn: Beim dortigen Sozialunternehmen Aufbaugilde entfallen 330 von einst 500 geförderten Stellen – und zwar überwiegend in den Bereichen, in denen Menschen Beschäftigung gefunden hatten, die nach Unfällen oder Erkrankungen nicht mehr voll belastbar waren.

Auch in Zuffenhausen ist das Problem mitten in der Bevölkerung angekommen. „Man hat ja nicht nur die Mittel gekürzt, sondern auch noch die Regeln verschärft, wo wir tätig werden dürfen“, sagt Hentschke: Die Neue Arbeit musste den auf Ein-Euro-Jobs basierenden „Dienst am Menschen“ streichen, bei dem Langzeitarbeitslose Hilfestellungen für Ältere und Kranke boten, mal einkaufen gingen, mal im Haushalt aushalfen. „Wir dürfen die Dienstleistung nicht mehr anbieten, weil es dafür kommerzielle Anbieter gibt: Nur, dass diese zwanzig Euro auf die Stunde verlangen, was sich viele in der entsprechenden Situation gar nicht leisten können.“