Andrea Nahles Foto: dpa

Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland sind im Januar zwar leicht gestiegen – doch der Ausblick ist überaus positiv. Einer Studie zufolge wird infolge der guten Konjunktur auch die Schattenwirtschaft hierzulande zurückgehen.

Stuttgart/Tübingen/Linz - Eigentlich ist der Winter immer die Zeit, in der die Zahl der Arbeitslosen wegen witterungsbedingter Entlassungen stark steigt. Doch in diesem Jahr fallen die Arbeitsmarktzahlen besser aus als üblich. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte, gab es im Januar dieses Jahres 2,92 Millionen registrierte Menschen ohne Arbeit. Das sind zwar 239 000 mehr als noch im Dezember 2015, aber 111 000 weniger als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres – zur Freude von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

Die Arbeitsmarktzahlen seien „sehr gut“ und ein „Stabilitätsfaktor“, sagte sie am Dienstag am Rande der Arbeitnehmerkonferenz der SPD in Leinfelden-Echterdingen. Es gebe „vielerlei Anzeichen“, dass die Beschäftigung weiter steigen werde: „Wir haben einen kräftigen Rückgang der Erwerbslosigkeit, wir haben einen Anstieg der offenen Stellen und eine Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Das ist eine außerordentlich gute Entwicklung“, sagte Nahles. Auch der Flüchtlingszustrom im vergangenen Jahr hat neue Stellen geschaffen, etwa im Bereich Soziale Arbeit oder bei Sicherheitsdiensten.

Die Integration der Zugezogenen in den Arbeitsmarkt bezeichnete Nahles derweil als „große Herausforderung“. Es müsse „noch vieles angepackt“ werden – was die Ministerin sowohl auf die Personalsituation als auch auf fehlende Integrations- und Sprachkurse bezog. Konkret will sie ein Integrationsfördergesetz auf den Weg bringen, um bürokratische Hürden abbauen und die notwendigen Mittel einfacher bereitstellen zu können. „Das Angebot muss stimmen, wenn wir den Menschen etwas abfordern“, sagte sie.

Nahles will Prinzip des Förderns und Forderns auch für Asylbewerber

Die Ministerin betonte in diesem Zusammenhang erneut, dass Flüchtlinge „auch einen Beitrag leisten“ müssen: „Wir haben Leistungen, wir helfen. Aber wir erwarten Engagement, sich zu beteiligen“, sagte sie. Jenen Asylbewerbern, die sich nicht integrieren wollen, drohte sie mit Leistungskürzungen. Das Prinzip des Förderns und Forderns – wie bei Hartz IV – will sie zügig auch im Asylbewerberleistungsgesetz verankern.

Die gute Arbeitsmarktlage und das positive Wirtschaftswachstum tragen unterdessen auch zu einem Rückgang der Schattenwirtschaft in Deutschland bei – und das, obwohl im kommenden Jahr Tausende Flüchtlinge in die Schwarzarbeit abdriften könnten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Prognose des Tübinger Instituts für Angewandte Wissenschaften (IAW) und der Universität Linz. Noch etwa 10,8 Prozent der Wirtschaftsleistung werden 2016 auf das Konto von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung gehen, so die Vorhersage – schätzungsweise 0,4 Prozent weniger als noch im Vorjahr.

„Die günstige Arbeitsmarktentwicklung führt dazu, dass es mehr und bessere Verdienstmöglichkeiten in der freien Wirtschaft gibt und somit weniger Menschen nebenbei schwarzarbeiten wollen“, sagte Bernhard Bookmann vom IAW. In die Annahmen bezogen die Autoren der Studie auch die Auswirkungen ein, welche die Einführung des Mindestlohns im vergangenen Jahr auf die Schattenwirtschaft hatte.

Experten sehen kaum Verdrängung durch Flüchtlinge im Niedriglohnsektor

Auch den Zuzug von Flüchtlingen haben die Wissenschaftler einkalkuliert. Zwischen 100 000 und 300 000 Asylsuchende und Flüchtlinge, schätzen sie, könnten in diesem Jahr in Schwarzarbeit landen – das wäre etwa ein Viertel der arbeitsfähigen Flüchtlinge. „Natürlich sind die Anreize für diese Menschen groß schwarzzuarbeiten“, sagte der Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider von der Universität Linz. „Viele dürfen nicht legal arbeiten, wollen aber etwas tun und selbst Geld verdienen.“ Negativ sieht Schneider dies aber nicht – er sprach vielmehr von ökonomischen Vorteilen: „85 Prozent dessen, was Flüchtlinge in der Schattenwirtschaft erarbeiten, fließt wieder zurück in den Wirtschaftskreislauf“, so der Ökonom. Schwarzarbeit habe auch positive Effekte für die Integration der Zugezogenen, erklärte Schneider: Arbeiten sei allemal besser, als nichts zu tun, und könne helfen, Konfliktpotenzial abzubauen. Vereinfachte legale Wege in den Arbeitsmarkt seien dennoch unerlässlich, sagte Schneider.

Bedenken, dass es durch den Zuzug von Flüchtlingen gerade im Niedriglohnsektor zu einem Verdrängungseffekt komme, hält der Wissenschaftler für unbegründet: „Wir haben nicht mehr so viele Deutsche, die diese Jobs machen wollen“, sagte Schneider. „Gerade im Südwesten gibt es im Niedriglohnbereich viele offene Stellen.“

Ähnlich sieht das auch Bundesarbeitsministerin Nahles. Aus ihrer Sicht wird es „einige Zeit“ dauern, die Flüchtlinge mit bestimmten Qualifikationsprofilen in den Arbeitsmarkt zu integrieren: „Ich glaube daher nicht, dass es massive Verdrängungen gibt.“ Zum Beispiel würden viele Flüchtlinge aus ihren Heimatländern eine duale Ausbildung nicht kennen. Man müsse diese Menschen eher zu diesem Weg ermuntern, als dass „sie uns die Türen einrennen“ würden. Bereits qualifizierte Flüchtlinge sollen indes den Mindestlohn erhalten. „Es gibt keinerlei Pläne der Bundesregierung, den Mindestlohn für Menschen mit anderem Pass auszusetzen oder abzusenken“, betonte Nahles. Der Mindestlohn sei eine Errungenschaft, die nicht infrage gestellt werden dürfe. Alles andere wäre der Ministerin zufolge „Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“.