Krank zu Hause: Erkältungen sind die häufigste Ursache, dass Arbeitnehmer das Bett hüten müssen Foto: dpa

Im vergangenen Jahr trieb die Erkältungswelle den Krankenstand in Stuttgart in die Höhe. Wie häufig die Arbeitnehmer krank werden oder sich verletzen, hängt jedoch auch von der Branche ab, in der sie tätig sind.

Stuttgart - Die Nase läuft, der Hals schmerzt, der Kopf brummt – mit diesen klassischen Erkältungssymptomen ist 2015 jeder dritte Stuttgarter krankgeschrieben gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung der Krankenkasse AOK. Die Erkältungswelle, die Stuttgart vor allem in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres überrollte, ist auch schuld daran, dass der Krankenstand insgesamt wieder anstieg. Im Vergleich zum Jahr 2014 nahmen die Erkältungskrankheiten um rund 15 Prozent zu. Damit sorgten Husten, Schnupfen und Heiserkeit für 27,5 Prozent der Fehlzeiten von Arbeitnehmern in Stuttgart.

„Speziell im Februar gab es besonders viele erkältungsbedingte Krankschreibungen – der Wert lag in diesem Monat fast 98 Prozent über dem durchschnittlichen Wert der zehn Vorjahre“, sagt Dr. Sabine Knapstein, Ärztin bei der AOK. Auffällig ist auch, wie lange die Beschäftigten wegen Erkältungen und Infekten krankgeschrieben waren: Im vergangenen Jahr war ein Arbeitnehmer mit einer akuten Entzündung der Atemwege im Schnitt 6,8 Tage außer Gefecht gesetzt.

Menschen mit körperlich anstrengenden Jobs sind häufiger krank

Insgesamt gilt: Stuttgarter Arbeitnehmer waren 2015 im Vergleich zum Vorjahr häufiger krank, fielen aber durchschnittlich weniger Tage aus. Bei Stuttgarter Betrieben fehlten pro Arbeitstag durchschnittlich fünf Prozent des Personals. Damit ist der Krankenstand erneut leicht angestiegen – 2014 lag er bei 4,9 Prozent, 2013 bei 4,6 Prozent. Damit sind die Stuttgarter aber immer noch etwas gesünder als der Bundesdurchschnitt, der bei 5,3 Prozent liegt. Die durchschnittliche Krankheitsdauer pro Krankschreibung lag bei 10,3 Tagen – und fiel damit etwas kürzer aus als im Vorjahr.

Den Erkältungskrankheiten folgten mit großem Abstand die Rückenbeschwerden, die für 14,2 Prozent der krankheitsbedingten Fehlzeiten verantwortlich sind, gefolgt von Magen-Darm-Erkrankungen (8,2 Prozent) und Verletzungen beziehungsweise Arbeitsunfällen mit 5,9 Prozent. Psychische Erkrankungen machten nur fünf Prozent aller Fälle aus. Allerdings erkranken Arbeitnehmer, die an psychischen Krankheiten leiden, in der Regel über einen längeren Zeitraum. Laut AOK waren die psychischen Erkrankungen deshalb für mehr als ein Zehntel aller Arbeitsunfähigkeitstage verantwortlich. Durchschnittlich fielen die Arbeitnehmer mit psychischen Erkrankungen 24,6 Tage aus.

Besonders häufig krankgeschrieben sind Beschäftigte in Berufen, in denen körperliche Arbeit gefordert wird. In Stuttgart sind – wie im Vorjahr auch – vor allem die Mitarbeiter der Müllabfuhr von Krankheiten gebeutelt. Bedingt durch die Topografie Stuttgarts mit den vielen Stäffele sind die Müllwerker Belastungen ausgesetzt, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Außerdem müssen sie ihre Arbeit bei jedem Wetter ausüben. Auch Servicekräfte im Straßen- und Schienenverkehr und Farb- und Lacktechniker waren besonders häufig krank. Dagegen fielen Hochschullehrer, Ärzte und Barkeeper am seltensten wegen Krankheit aus.

Hohe finanzielle Belastung durch Fehlzeiten

Die gefährlichste Branche ist allerdings mit Abstand die Land- und Forstwirtschaft. Sieben Prozent der Fehltage gingen dort auf Arbeitsunfälle zurück. In der Baubranche waren es dagegen nur 4,5 Prozent. Überrascht ist im Stuttgarter Forstamt von diesem traurigen Spitzenwert niemand: „Die Forstwirtschaft ist traditionell die gefährlichste Branche mit den meisten Todesfällen“, sagt Hagen Dilling, stellvertretender Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Das liege daran, dass Forstarbeiter in unwegsamem Gelände bei jeder Witterung unterwegs seien und schwere körperliche Arbeit verrichteten. Bei Schnee und Matsch gerät auch der erfahrenste Forstarbeiter mal ins Rutschen oder Stolpern. „Die Arbeit mit lebenden Systemen – also mit Bäumen – bleibt risikoreich“, sagt Dilling. Zwar werde alles getan, um die Arbeit sicherer zu gestalten, beispielsweise mit schwerer Schutzausrüstung, modernen Motorsägen und regelmäßigen Fortbildungen –, dennoch „müssen die Mitarbeiter risikobewusst sein“. Denn auch die schwere körperliche Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft kann zu Beschwerden und Arbeitsausfällen führen. „Es gibt aber heutzutage technische Hilfsmittel, die die Arbeit erleichtern“, sagt Dilling. War ein Arbeitnehmer wegen einer Verletzung krankgeschrieben, fiel er im Jahr 2015 durchschnittlich 16,2 Tage aus.

Die meisten Betriebe kümmern sich deshalb nicht nur aus Nächstenliebe darum, dass ihre Mitarbeiter sicherer arbeiten können. Durch krankheitsbedingte Fehlzeiten gingen der deutschen Volkswirtschaft zuletzt laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin rund 90 Milliarden Euro pro Jahr verloren. Neben dem finanziellen Verlust haben die krankheitsbedingten Ausfälle aber auch für die Mitarbeiter organisatorische und soziale Belastungen zur Folge.