Südwestmetall-Chef Stefan Wolf schlägt Alarm: Die schönen Arbeitsmarkt-Zahlen täuschten – die industrielle Basis des Landes drohe wegzubrechen. Foto: dpa

Die Job-Zahlen im Südwesten nehmen sich glänzend aus – doch der Arbeitgeberverband Südwestmetall schlägt Alarm. Die schönen Zahlen täuschten – die industrielle Basis des Landes drohe wegzubrechen.

Stuttgart - Die Wirtschaft brummt, der Arbeitsmarkt ist in Bestform – für den Arbeitgeberverband Südwestmetall ist das kein Grund zur Zufriedenheit. Ganz im Gegenteil: Er sieht die Gefahr, dass sich das Land von diesem Eindruck täuschen lässt, der für ihn nicht mehr ist als schöner Schein. „Scheinbar ist alles in bester Ordnung“, sagt Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. „Doch die Entwicklung ist sehr gefährlich.“

Eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), die Südwestmetall jetzt vorgelegt hat, zeigt nach Einschätzung des Verbands auf, wie wichtig die industrielle Basis für den Südwesten ist. Baden-Württemberg hat demnach 13,2 Prozent der Bevölkerung, aber 21,5 Prozent der industriellen Wertschöpfung Deutschlands.

Für Wolf zeigt die Studie eine besorgniserregende Entwicklung auf: Deutsche Unternehmen der Metallindustrie machen zwar gute Gewinne, doch diese stammen zunehmend aus dem Ausland. „Im Ausland wird in zusätzliche Kapazitäten investiert, in Deutschland in die Rationalisierung“, so Wolf.

Gewinne zunehmend aus dem Ausland

Darüber dürfe auch die gute Arbeitsmarktlage nicht hinwegtäuschen. Wenn in Deutschland Jobs aufgebaut würden, dann vor allem in der Verwaltung – vor allem, um das Wachstum im Ausland zu steuern. In der Produktion dagegen gebe es einen „starken Trend, neue Kapazitäten gleich im Ausland aufzubauen“.

Durch die hohen Investitionen und die günstigen Lohnkosten verfügten ausländische Standorte heute nicht nur über kostengünstigere, sondern auch über moderne Produktionsanlagen.

Man benötige nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, wo die Kapazitäten gestrichen werden, wenn sich die Konjunktur abkühle – wenn sich etwa der für Exporte extrem günstige Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar wieder verschlechtere oder das extrem billige Öl wieder teurer werde.

„Vielzahl der Gesetze nimmt Luft zum Atmen“

Es seien nicht einzelne Gesetzesregelungen, die die Job-Perspektiven verschlechterten, sondern deren Vielzahl, sagt Wolf und zählt auf: Rente mit 63, Mütterrente, Mindestlohn, Bildungsteilzeit im Südwesten, Pflegezeit für pflegende Angehörige, Einschränkungen der Leiharbeit und vielleicht auch bei Werkverträgen.

„Es ist die Summe der Belastungen, die den Firmen die Luft zum Atmen nimmt.“ Einerseits werde den Firmen immer mehr Flexibilität abverlangt, andererseits werde ihnen die Flexibilität genommen, um die Gesetze umzusetzen, so Wolf. Er fordert von der Landesregierung, „auf weitere die Wirtschaft belastende Landesgesetze (wie zuletzt den Bildungsurlaub) zu verzichten“ und auch im Bundesrat keine Initiativen mehr zu starten, die Unternehmen belasteten.

Industrie-Vorsprung Basis des Wohlstands

Der Vorsprung bei der Industrie sei die Basis des Wohlstands im Südwesten. „Es reicht nicht, wenn wir nicht schlechter sind als die anderen“, sagt Wolf.

Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) teilt die skeptische Einschätzung nicht: „Diese Landesregierung setzt sich wie keine andere zuvor dafür ein, Industriearbeitsplätze im Land zu erhalten“, erklärte Schmid den Stuttgarter Nachrichten. „So treiben wir etwa die Entwicklung beim Thema Industrie 4.0 voran, damit unser Land der Vorreiter bei der Entwicklung dieser Zukunftstechnik bleibt.“