Die Kältewelle hat den Süden Deutschlands fest im Griff. Doch die Meteorologen sagen voraus, dass es bald eine mildere Phase des Winters geben soll. Foto: dpa

Wie kommen Leute, die beruflich unter freiem Himmel zu tun haben, mit der Eiskälte klar? Wir haben bei Menschen mit besonderen Jobs nachgefragt – von der Marktfrau und dem Müllfahrer bis zur Zeitungsausträgerin und zum Gewächshaus-Gärtner.

Fellbach - Sie haben unterschiedliche Jobs, aber jeder sucht auf seine Weise, mit der derzeitigen Kälte klar zu kommen. Wir wollten wissen, was die Menschen in Fellbach machen, wenn das Thermometer dauerhaft bei knackigen Minusgraden bleibt – und wie die eisigen Temperaturen sich auf ihre Arbeit auswirken.

Kälteste Winter seit Jahren

Für Zeitungsausträgerin Gaby Gebhardt ist es gefühlt der kälteste Winter, den sie erlebt, seit sie Zeitungen austrägt. Seit neun Jahren macht sie den Job und steht dafür um 1.20 Uhr auf. Kurz vor zwei Uhr ist die 60-Jährige dann an der Ablagestelle in der Cannstatter Straße, um dann in zwei Bezirken in der Fellbacher Innenstadt bis zu 250 Tageszeitungen in die Briefkästen zu stecken. Dafür marschiert Gaby Gebhardt einige Kilometer. Fast zwei Stunden ist sie unterwegs in der klirrenden Kälte. „Am Montag hatten wir minus 11

Gaby Gebhardt Foto: Sascha Sauer
Grad um Viertel vor zwei Uhr“, erzählt sie. Doch die extreme Kälte schreckt sie nicht. „Ich friere generell nicht“, sagt sie über sich und trägt daher auch keine Handschuhe beim Austragen. Und dicke Winterstiefel nur in dem Fall, wenn es schneit. Ihr reichen die meiste Zeit ganz normale Turnschuhe. Allerdings trägt sie Skiunterwäsche und eine warme Wollmütze muss auf den Kopf. Der 60-Jährigen gefällt ihr Job. „Ich kann meine Zeit selber einteilen“, sagt sie. Um die Uhrzeit ist kaum einer unterwegs. „Da will keiner was von dir“, sagt die Fellbacherin. Einzige Ausnahme sind die großen Feste wie der Fellbacher Herbst oder manche Wochenenden. „Dann warten manche schon auf den ersten Bus.“ Ihr Lieblingswetter zum Zeitungsaustragen ist in etwa das Gegenteil von dem, was die Meteorologen auch für die nächsten Tage voraussagen. „Im Sommer, wenn ich morgens mit T-Shirt, kurzer Hose und Turnschuhen loslaufen kann.“

Die Kunden kommen bei Wind und Wetter

Für Marktfrau Heidi Nussbaum sind Temperaturen relativ. „Vor einigen Jahren hatten wir sogar mal minus 20 Grad, da sind die Wurstwaren angefroren“, sagt die 58-Jährige, die jeden Mittwoch mit ihrem Metzgerwagen auf dem Markt vor der Pauluskirche steht. „Das war brutal, das werde ich nie vergessen.“ Gegen die aktuelle

Heidi Nussbaum Foto: Sascha Sauer
Kälte schützt sich Heidi Nussbaum wie immer mit Schneeschuhen, einer dick gefütterten Jacke und langer Unterhose. Ihr selbst machen die frostigen Temperaturen nicht viel aus, sagt sie. „Das ist mir lieber als Hitze.“ Dass sie wegen der Kälte mal mittwochs nicht zur Pauluskirche fährt, kommt für sie nicht in Frage. „Die Leute verlassen sich auf uns, meine ältesten Kunden sind über 90 Jahre alt, kommen bei Wind und Wetter.“ Und warum stellt sie keinen Heizstrahler im Metzgerwagen auf? Heidi Nussbaum winkt ab: „Das bringt nicht viel“, sagt sie.

Leichter Vollbart gegen die Kälte

Bei eisigen Temperaturen den ganzen Tag im Freien ist für Mitarbeiter Stefan Frey und Thomas Michel vom städtischen Bauhof normal. Die beiden Mitarbeiter der Abteilung Straßenunterhalt und Straßenreinigung wappnen sich mit „Zwiebel-Look“ gegen die Kälte. Sie tragen verschiedene Lagen von Arbeitskleidung übereinander und können so je nach Bedarf Kleidung aus- und anziehen. Ganz wichtig seien auch Winterstiefel. Um die Füße warm zuhalten helfen außerdem entsprechende Socken. Stefan Frey schwört dabei auf die selbst gestrickten Socken seiner Frau. Zwischendurch mal ein Schluck heißer Kaffee tut den

Stefan Frey und Thomas Michel Foto: Sascha Sauer
Mitarbeitern im Außendienst bei den eisigen Temperaturen ebenfalls gut. Einen speziellen Tipp gegen die Kälte haben die beiden dann noch. Sie verzichten beide auf das Rasieren. „Ein leichter Vollbart hält auch die Kälte ab“, so Thomas Michel. Die Minusgrade machen das Arbeiten dennoch schwerer. Aufgrund der dicken Kleidung ist man nicht ganz so wendig und bei der Kälte friert der Müll häufig fest, was das Einsammeln nicht so einfach macht. Zudem mussten die Mitarbeiter am Montag bei der Mülleimerleerung und Kontrolle im Außenbereich Fellbach, Großraum Kappelberg, feststellen, dass mit zunehmender Kälte die Menschen achtloser ihren Müll liegen lassen. Vielen Leuten sei es einfach zu kalt, um aus dem Auto zu steigen und ihren Müll ordnungsgemäß in die Mülleimer zu werfen, vermuten die städtischen Mitarbeiter. „Es gibt sicher angenehmere Arbeitsbedingungen“, sagt Stefan Frey. Aber wenn am späten Vormittag dann doch endlich die Sonne rauskommt, wird es nicht nur wärmer, auch die Arbeit fällt leichter.

Dreimal höhere Heizkosten im Gewächshaus

Für Timo Welz hat die andauernde Kälteperiode einen bitteren Beigeschmack. Für seinen Feldsalat könnte der Fellbacher Gärtner zwar herzerwärmende Preise verlangen, der Preis fürs zarte Ackergrün schießt in diesen Tagen förmlich durch die Decke. Doch trotz seiner großen Gewächshäuser hat Welz viel zu wenig Feldsalat, um die nachgefragten Mengen zu decken. Auf dem Freiland sind die Blättchen gefroren unterm

Timo Welz Foto: Nicklas Santelli
Schnee versteckt, an eine Ernte ist nicht zu denken. Im Gewächshaus wachsen die Pflanzen ebenfalls nicht wie gewünscht. „Es war jetzt einfach zu lange zu kalt. Wenn der Boden tagsüber wenigstens auftaut, wäre es anders“, sagt Welz. Den Großteil seiner Erntehelfer hat Welz in den Urlaub und zum Überstundenabbau geschickt, nur eine Notbesetzung ist im gärtnerischen Winterdienst. Bangen Blicks schaut Welz auch auf den Rucola, für den Betrieb der zweite Stützpfeiler der kalten Jahreszeit. „Es ist ein Lotteriespiel, wie der über den Winter kommt“, sagt der Fellbacher. Bei den Heizkosten erwartet Welz übrigens dreimal so hohe Rechnungen wie in sonstigen Jahren. Nein, der Winter 2017 macht dem Gärtner keinen Spaß.

Ende der Kältephase setzt erst Anfang Februar ein

Spannend bleibt die Frage, wie es mit dem Wetter weitergeht. Der Bonner Informationsdienst Wetter-Online beispielsweise meldet, dass es allmählich wieder leicht ansteigende Temperaturen geben wird und tagsüber zumindest in mittleren Lagen auch wieder Plusgrade zu messen sind. Allerdings bleibt es in den Nächten vor allem im Süden der Republik klirrend kalt. Am Donnerstag halten sich teils hartnäckige Hochnebelfelder, regional setzt sich aber auch mal die Sonne durch. Am Freitag und am Samstag wird freundliches Tauwetter erwartet, dann rechnen die Experten mit einem grauen und nassen Sonntag. Auch in Hochlagen schmilzt der Schnee. Der für den Deutschen Wetterdienst tätige Meteorologe Klaus Riedl ist allerdings vorsichtiger mit hoffnungsvollen Aussagen: Er erwartet am Wochenende Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ein Ende der extremen Kälte setzt er erst Anfang Februar an. Während der Schiffsverkehr auf dem Neckar eingestellt ist und im Hafen ein Boot wegen einer sieben Zentimeter dicken Eisschicht als Brecher eine Schneise schlagen musste, meldet die Abwasser- reinigung keine Kälteausfälle. „Bei Ablauf und Reinigungsleistung keine Probleme“, heißt es in der Fellbacher Kläranlage.