Auf der Pforzheimer Straße in Weilimdorf geht es – wie hier am Löwen-Markt – mitunter eng zu, wenn sich die Busse des Schienenersatzverkehrs begegnen. Foto: Martin Braun

In Stuttgart-Feuerbach wird an den Stadtbahngleisen auf dem Abschnitt von der Haltestelle Pfostenwäldle bis zur Station Sportpark gearbeitet. Der Schienenersatzverkehr und der Abtransport des Schotters belasten andernorts Anwohner, zum Beispiel in Stuttgart-Weilimdorf.

Stuttgarter Norden - Voraussichtlich bis 28. August erneuert die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in diesem Bereich Schienen, Schotter und Schweller. Bis die Arbeiten beendet sind, fahren zwischen Feuerbach und Weilimdorf keine Stadtbahnen. Die SSB hat einen Schienenersatzverkehr eingerichtet: Zwischen dem Feuerbacher Bahnhof und dem Löwen-Markt in Weilimdorf fahren Busse. Im Weilimdorfer Ortszentrum geht es daher momentan mitunter eng zu. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Lothar Mauch. Er wohnt an der Pforzheimer Straße kurz vor dem Löwen-Markt und beobachtet immer wieder knifflige Situationen. So sei neulich ein Rettungswagen im Einsatz kaum durch den Verkehr auf der Pforzheimer Straße gekommen. Das Problem sei, dass die Busse teils kaum aneinander vorbeikämen oder auf der Straße halten, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. Teilweise hielten sich aber auch Paketboten sowie Lastwagen- und Autofahrer nicht an das Halteverbot im Bereich der temporär eingerichteten Bushaltestellen.

„Es ist tatsächlich sehr eng“, räumt SSB-Sprecherin Birte Schaper ein. Letztlich müsse die SSB aber den Zehn-Minuten-Takt der Stadtbahnlinie U6 während der Bauarbeiten über den Ersatzverkehr abdecken. Im Einsatz sind dafür Niederflurbusse verschiedener Busunternehmen. „Wir haben weder genügend Busse, noch genügend Fahrer, um das parallel zu unserem regulären Betrieb stemmen zu können“, erklärt Schaper. Der Schienenersatzverkehr sei daher ausgeschrieben und an eine Bietergemeinschaft vergeben worden, deren Fahrer im Vorfeld eingewiesen wurden.

Straßenverkehrsbehörde sind keine Beschwerden bekannt

Die Integrierte Leitstelle der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes ist über den Schienenersatzverkehr informiert, größere Probleme in Weilimdorf gebe es deswegen aber nicht. Auch Peter Koch von der Straßenverkehrsbehörde sagt, dass ihm bislang keine Beschwerden von Bürgerseite bekannt seien. Einige Tage, nachdem der Ersatzverkehr eingerichtet worden war, habe sich gezeigt, dass es auf einem Abschnitt der Pforzheimer Straße Probleme gegeben habe, sagt Koch. In Abstimmung mit der SSB habe man daraufhin auch zwischen der Stotzinger und der Zweibrückener Straße ein Halteverbot eingerichtet, um den Bussen eine Ausweichmöglichkeit im Begegnungsverkehr zu schaffen. „Seitdem läuft es gut“, sagt Koch. Wenn man eine solche Baumaßnahme habe, müsse man immer Kompromisse machen, meint Weilimdorfs Bezirksvorsteherin Ulrike Zich. „Die Situation ist sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig, aber gut gelöst.“ Die SSB habe den Ersatzverkehr gut organisiert. Sie sei froh, dass während der Arbeiten immerhin zwischen Löwen-Markt und Gerlingen noch Stadtbahnen fahren.

Auch in der Weilimdorfer Nachbargemeinde Korntal macht sich die Baustelle bemerkbar: Der Schotter, der an den Bahngleisen ausgegraben wird, wird mit Lastwagen weggebracht. Diese fahren nach Korntal und kippen ihre Fracht auf eine Fläche beim Bahnhof. Dort wird der Schotter auf größere Lastwagen gepackt und in ein Recyclingwerk gefahren. Tage später kommen die Steine gereinigt zurück, dann geht es andersherum.

Mittwoch, 9.45 Uhr. 65 zeigt ein Messgerät an, mal auch 70 oder 75. Das sind Schallpegelwerte in Dezibel. Peter Babczynski sieht von seinem Balkon an der Stettiner Straße auf die Umschlagstelle, sie ist gut 50 Meter entfernt. Es poltert und rauscht, wenn Schotter von Lastwagen auf den Boden rutscht. Oder wenn das Material aus der riesigen Baggerschaufel auf den Lkw fällt. Alles macht Lärm, der wesentlich mehr ist als ein unangenehmes Rauschen. Wenn die Klappe des Muldenkippers zufällt, tut es einen richtigen Schlag. Dann zeigt das Messgerät 85 oder gar 97 Dezibel.

Nachbarn fordern Bau-Einstellung

Peter Babczynski sitzt mit seinen Nachbarn Friedrich Back und Gabriele Lendle zusammen. Sie wollen, dass der Schotter-Umschlag sofort eingestellt wird. Natürlich sei dies eine befristete Baustelle, sagen die Anwohner des Korntaler Bahnhofs, aber das gehe seit Jahren so. Immer wieder, und immer wieder anders. „Du kannst nicht mehr arbeiten“, sagt die selbstständige Autorin und Künstlerin Lendle. Auch der Aufenthalt im Garten sei unzumutbar. Außer dem Lärm beunruhigt die Anwohner noch etwas anderes: Man wisse nicht, was im Staub drin sei. Peter Babczynski vermutet Rückstände von Unkrautvernichtungsmitteln: Im Schotter der Stadtbahngleise wachse kein Unkräutlein.

Auftraggeber der Baustelle in Feuerbach ist die SSB. Die Baufirma habe die Fläche in Korntal von der Bahn gemietet, sagt die SSB-Sprecherin Birte Schaper. Das Umladen müsse sein, weil man mit großen Kippern nicht auf die Brücke über die B 295 fahren könne. Ralf Uwe Johann, der Technische Beigeordnete im Korntaler Rathaus, sagt, man sei mit der Bahn und dem Landratsamt in Kontakt. „Wir vertreten unsere Bürger.“ Er habe sich vor Ort selbst ein Bild gemacht. „Das ist Lärm, gegen den man etwas unternehmen muss.“ Auch für die Zukunft müsse man klären, ob die Bahn ihr Gelände für diesen Zweck vermieten dürfe.

Die Gewerbeaufsicht des Landratsamtes sei am Mittwochvormittag vor Ort gewesen und habe umfangreiche Untersuchungen und Messungen vorgenommen, auch während der Verladevorgänge, sagt Johann. Die Ergebnisse der behördlichen Schallmessung sind in der Zentrale des Baukonzerns Rhomberg, welcher für die SSB tätig ist, in Bregenz angekommen. „Wir bewegen uns innerhalb der gesetzlichen Bedingungen“, sagt ein Sprecher der Firma. „Wir sehen keinen Handlungsbedarf.“