Die Landeshauptstadt steht vor einer scharfen Kurskorrektur, es muss massiv gespart werden, sonst sind Investitionen nicht mehr möglich. Die CDU kritisiert indessen die Stadt habe versäumt, Gelder vom Land abzurufen.
Ohne scharfe Kurskorrektur bei ihren Investitionsvorhaben steht die Landeshauptstadt mittelfristig vor einer nicht mehr zulässigen Neuverschuldung. Die Rede ist von 3,7 Milliarden Euro bis Ende 2028. OB Frank Nopper (CDU) will daher dem Ältestenrat des Gemeinderats und den haushaltspolitischen Sprechern der Fraktionen am 20. März eine Prioritätenliste vorlegen. Sie soll eine Woche zuvor in einem speziellen Treffen aller sieben Fachbürgermeister erarbeitet werden. Dabei geht es vordringlich um die Investitionsvorhaben für den Doppelhaushalt 2026 und 2027.
In Stuttgart ist die Gewerbesteuer zum Jahresanfang eingebrochen. Für 2025 wird mit einem Aufkommen von noch einer statt geplanter 1,2 Milliarden Euro gerechnet. Weitere Steuern und Zuweisungen von Bund und Land gehen ebenfalls zurück. In diesem Jahr wird daher absehbar kein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet werden können. Ohne Überschüsse kann nicht investiert werden. „Wir müssen das laufende Geschäft mit Rücklagen finanzieren, ich appelliere daher an alle Referate, wirtschaftlich mit den Mitteln umzugehen“, sagt Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) auf Anfrage. Es sei für ihn absehbar, dass im nächsten Doppelhaushalt auch an den Fördersummen für den Kulturbetrieb in der Stadt gespart werden müsse.
Abrechnung für Flüchtlinge hakt
Kritik an Fuhrmann wurde aus der CDU Fraktion Kritik wegen des Umgangs mit hohen Vorleistungen für Flüchtlinge laut. Wenn nötig, müsse eine Klage gegen das Land vorbereitet werden. Die Stadt hat über Jahre Flüchtlingskosten gegenüber dem Land nicht pauschal abgerechnet. Das bestätigt das Justiz- und Migrationsministerium in der Antwort auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten und Stadtrats Friedrich Haag. Die Stadt habe von der Vorgriffszahlung in Höhe von 60 Prozent für die Jahre 2022 bis 2024 „bislang keinen Gebrauch gemacht“, heißt es darin. 2019 erhielt sie 9,2 Millionen Euro über die Pauschale und später über die sogenannte Spitzabrechnung weitere rund 2,7 Millionen. 2020 wurden 11,9 und 2021 11,5 Millionen Euro erstattet.
Rücklagen schmelzen schnell dahin
Die Abrechnung sei Sache des Sozialamtes und des Regierungspräsidiums, sagt Fuhrmann. Der Aufwand für die Pauschale sei dabei nahezu so hoch wie für die spätere Spitzabrechnung, weshalb beide Behörden im Gespräch über eine vereinfachtes Verfahren sein. Für 2023 werde die Stadt voraussichtlich 7,9 und für 2024 im Vorgriff wohl 9,4 Millionen Euro erhalten. Insgesamt erwarte man für 2025 Mehrerträge beim Ersatz für Flüchtlingskosten in Höhe von 37,8 Millionen Euro.
Stuttgart ist aktuell im Kernhaushalt schuldenfrei. Laut Nachtragshaushalt 2025 würden sich die Rücklagen aus Haushaltsüberschüssen ohne Gegensteuerung von 3,66 Milliarden Euro in diesem auf 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2028 abschmelzen, weil bis dahin jährlich zwischen 630 und 890 Millionen Euro gebraucht würden, um das negative Saldo im Ergebnishaushalt auszugleichen.