Hitze und Trockenheit haben dem Obst zugesetzt. In den Mostereien im Landkreis Esslingen werden zum Saisonstart weniger und kleinere Äpfel abgeliefert.
Es duftet nach Obst. Kein Wunder: Bei Fruchtsäfte Briem wird seit dem Morgen wieder gepresst. Schlechte Äpfel aussortieren, dann das Obst durch die Bürstenwaschmaschine jagen, im Muser zu Maische verarbeiten und die schließlich auspressen: Alles läuft wie am Schnürchen.
In dem Sielminger Unternehmen wird heimisches Obst zu Getränken verarbeitet. Zum überwiegenden Teil wird Saft daraus, der in Fünf- oder Zehnliterbeutel abgefüllt wird. Selten wünschen sich die Kunden auch Most, „das macht nicht mal ein Prozent Marktanteil aus“, sagt Oliver Briem. Die meisten Kunden bringen eigene Äpfel, um daraus Saft für sich pressen zu lassen. Doch Oliver Briem kauft auch Obst ab. Derzeit bezahle er elf Euro für 100 Kilo, erzählt er.
Viele Äpfel sind verfault
Er und sein Team sind gut gefordert. Etliche Kisten mit Äpfeln stehen parat. Allerdings: Es sind weniger als in anderen Jahren. Oliver Briem spricht von einer leicht unterdurchschnittlichen Ernte. „Jeder hat Obst, aber weniger“, sagt er. Gerade die ersten Früchte seien mitunter sehr stark verfault. „Die heißen Wochen haben dem Obst zugesetzt“, erklärt er. Auch seien die Äpfel in der Tendenz etwas kleiner. Sprich: Die Kundschaft bringt weniger Ware.
Das trifft quasi alle Mostereien in der Region. Als Mitglied der Interessengemeinschaft Streuobst Ostfildern stellt auch Steffen Kaiser aus Nellingen Saft und Edelmostsorten her, und auch er hat in diesem Jahr grundsätzlich weniger Obst zur Verfügung. „Bei den Birnen ist es ganz ordentlich, ansonsten ist die Streuobsternte mau“, sagt er. Er führt drei Gründe an: Zum einen sei da die Alternanz, die natürliche Schwankung des Fruchtertrags. „Im letzten Jahr war es relativ gut mit dem Obst, in diesem Jahr ist es weniger“, sagt er. Zum anderen nennt auch er die Hitze. „Unter der Trockenheit leiden die Bäume gewaltig“, erklärt Kaiser. Und, dies ist der dritte Punkt, der Schädlingsdruck sei in diesem Jahr groß. „In ungespritzten Lagen haben wir einen hohen Befall“, sagt er. Der Apfelwickler etwa steche die Früchte an, dadurch faulten sie.
Rüdiger Bayer betreibt eine Mosterei und einen Getränkehandel in Esslingen-Wäldenbronn. Dieser Tage hat er mit der Obstannahme begonnen – und er stellt sich ebenfalls auf ein eher durchschnittliches Jahr ein. „Die Riesenmengen, die es nach der Blüte gab, wird es nicht geben“, sagt er. Grund auch hier: die Trockenheit. „Manche Bäume haben schon viele Äpfel fallen lassen.“ Bayer verarbeitet nur noch wenig selbst. Das meiste Obst bringt er zu einem Entsafter in Mundelsheim. Um die neun Euro gebe es zurzeit pro 100 Kilo, „in der Tendenz steigend“. Reich werde man durch das Aufklauben der Früchte also nicht, der Preisdruck aus dem Ausland sei groß. Rüdiger Bayer spricht von Liebhaberei. Wie viel er in dieser Saison geliefert bekommen wird, vermag er noch nicht zu sagen. „Das, was der Herrgott uns schenkt, nehmen wir.“
Zufrieden mit der Auftragslage
Bei „Apfel und mehr“, einer kleinen Mosterei in Plochingen, spricht der Betreiber Markus Hekler indes von einem zufriedenstellenden Saisonstart. Allerdings: Hier liefern in der Regel Privatleute sowieso schon kleinere Mengen für die Saft- und Frischmostproduktion ab. „Es ist relativ viel Obst von den Bäumen runtergefallen“, sagt er, mancher Stücklesbesitzer klage, weil er viel wegwerfen müsse. Ja, die Äpfel der frühen Sorten seien kleiner, aber „mit der Auftragslage sind wir sehr zufrieden“, sagt Hekler.
Auch Steffen Kaiser aus Nellingen ist alles in allem gelassen: Im vergangenen, starken Obstjahr habe er mehr produziert, davon könne er nun zehren. Und noch sei nicht aller Tage Abend. „Bei den späten Sorten kann sich noch einiges tun“, prognostiziert er. Wenn man im Herbst kühle Nächte, warme Tage und genügend Regen bekomme, „dann kann es sein, dass der eine oder andere späte Apfel noch an Größe gewinnt“.
So sieht es auch Oliver Briem in Sielmingen. Die Saison habe erst begonnen, und „für die späten Sorten kann der Regen noch hilfreich sein“. Überhaupt: Eigenes Obst zu bringen und den Saft daraus mit nach Hause zu nehmen, das sei in. Immer mehr junge Familien gehörten zu seinen Kunden. „Das ist eine Tendenz, die mir gefällt.“
Streuobstwiesen auf dem Rückzug
Verlust
Die Landkarte der Streuobstwiesen bekommt Jahr für Jahr mehr Lücken. Das beklagt der Verein Hochstamm Deutschland, der sich für den Erhalt der Flächen starkmacht. Mit jeder Wiese gehe ein besonderes Stück Natur verloren, außerdem verschwänden zahllose alte Obstsorten.
Ursachen
Hannes Bürckmann, der Hochstamm-Geschäftsführer, zitiert eine Studie der Uni Hohenheim, wonach die Streuobstflächen im Land seit 2009 um mehr als 20 Prozent zurückgegangen sind. „Der Zustand ist verheerend und wird immer schlimmer.“ Der Verlust ist in seinen Augen auf einen Mix aus niedrigen Preisen für Obst, wenig Engagement und wenig Förderung zurückzuführen.