Eine Fahrscheinkontrolle im Zug führte zu einer Anzeige gegen eine Kontrolleurin. Foto: dpa/Marijan Murat

Eine Kontrolleurin bringt einen 15-Jährigen aufs Revier, weil er seine Schülerferienkarte falsch ausgefüllt hat. Das stößt auch anderen Fahrgästen sauer auf.

Stuttgart - Seit er denken kann, ist er der Xandi. Alexander sagt so gut wie niemand zu dem 15-Jährigen aus Lauffen am Neckar. Also dachte sich der Schüler nichts dabei, seine Schülerferienfahrkarte mit eben dieser – eigentlich offenkundigen – Abkürzung seines Vornamens auszufüllen. Mit dem Fahrschein in der Tasche und seiner 21 Jahre alten Schwester Rebecca machte er sich am vorletzten Ferienwochenende auf zu einer Zugfahrt. Der Urlaub war ins Wasser gefallen in diesem Sommer, die Geschwister wollten sich dafür einen schönen Tag am Bodensee machen.

Mehrere Fahrgäste sind entsetzt

So weit so gut, doch der Weg dahin wurde in Ulm unterbrochen. Denn im Zug von Stuttgart nach Ulm stießen Rebecca und Xandi auf eine Kontrolleurin, die mit dem Eintrag auf der Fahrkarte gar nicht einverstanden war. Sie rief die Bundespolizei hinzu, verließ mit den Geschwistern in Ulm sogar den Zug und brachte sie aufs Revier. Urkundenfälschung habe sie dem 15-Jährigen vorgeworfen, berichtet dessen Mutter. Die Geschichte hat nun ein juristisches Nachspiel – allerdings nicht für Xandi, sondern für die Kontrolleurin.

„Sie wurden kontrolliert, und eigentlich war mit den Fahrkarten alles in Ordnung. Dann hat die Kontrolleurin aber ein Riesentheater gemacht, weil da Xandi stand“, berichtet die Mutter. Dabei sollen Sätze wie „bist du denn behindert, dass du nicht weißt, wie du heißt?“ gefallen sein. Die Frau habe die Bundespolizei verständigt und die Fahrkarte des Jungen einbehalten. In Ulm sei sie mit den Geschwistern zur Bundespolizei aufs Revier gegangen, die sie zuvor an den Zug gerufen hatte. Xandi habe dabei nicht nur die große Schwester an seiner Seite gehabt. „Mehrere Fahrgäste waren total entsetzt und sind mit aufs Revier, um für ihn auszusagen“, sagt die Mutter.

Ermittlungen gegen die Frau laufen

Die Prüfung der Personalien im Revier und alles Weitere sei problemlos verlaufen. Die Beamten sollen dem Jungen sogar geraten haben, Anzeige gegen die Kontrolleurin zu erstatten. Die wollte am Ende die Fahrkarte des Buben erst rausrücken, wenn dessen Schwester ihr einen Zettel wieder zurückgibt, auf dem diese den Namen der Kontrolleurin notiert hatte. „Aber meine Rebecca ist schlau, die hatte den Zettel schon abfotografiert, so kamen sie wieder an die Fahrkarte“, berichtet die Mutter. Wieder zu Hause beschloss der Familienrat, tatsächlich aufs örtliche Polizeirevier zu gehen. Die Polizistin dort habe sich die Sache angehört und nahm dann die Anzeige auf. „Wegen Beleidigung, Nötigung und Erpressung“, fasst die Mutter zusammen. Beleidigung aufgrund der Äußerungen gegenüber dem Jugendlichen, Amtsmissbrauch weil sie ihre Befugnisse überschritten habe und Nötigung respektive Erpressung wegen der Fahrkarte, die sie nur gegen Aushändigung des Zettels mit ihrem Namen drauf wieder zurückgeben wollte.

Die Ermittlungen gegen die Frau laufen. Ein Sprecher der Bahn teilt dazu mit: „Im Hinblick auf das laufende Verfahren, bitten wir um Verständnis, dass wir uns dazu derzeit nicht äußern können. Allgemein werden unsere Mitarbeiter aber unter anderem auf Deeskalation geschult.“

Auch bei der Bundespolizei ist man verwundert über das Vorgehen: „Uns ruft man hinzu, wenn die Personalien nicht festgestellt werden können, etwa wenn ein Passagier ohne Fahrschein keine Papiere dabei hat“, erläutert deren Sprecher Sebastian Maus. Einen Spitznamen in den Fahrschein einzutragen, halte er für keinen Grund, seine Kollegen auf den Plan zu rufen, sagt er.