Diese beiden Gebäude an der Bissinger Bahnhofstraße sollen vier Doppelhaushälften weichen. Foto: factum/Granville

Die Bietigheimer Wohnbau will vier Doppelhaushälften an der Bissinger Bahnhofstraße errichten. Die Anwohner protestieren dagegen. Sie fühlen sich nicht richtig informiert von Stadt und Wohnbau.

Bietigheim-Bissingen - Die Bietigheimer Wohnbau plant, an der Bahnhofstraße in Bissingen vier Doppelhaushälften mit je 150 Quadratmetern Wohnfläche zu errichten. Die Baugenehmigung ist bereits erteilt, und vor dem Gelände stehen schon ein großes Plakat, das eine aufgeräumte Siedlung mit saftig grünen Gärten zeigt, sowie ein Container, in dem bald ein Mitarbeiter der Wohnbau die neuen Eigentumswohnungen verkaufen soll – dabei sind die alten Häuser auf dem betreffenden Grundstück noch nicht einmal abgerissen.

Für Thea Strauch ist das nur eine von vielen Provokationen von Seiten der Wohnbau und der Stadtverwaltung. „Sie wollen uns vor vollendete Tatsachen stellen“, sagt sie. Thea Strauch und ihr Mann Volker kämpfen bereits seit mehr als einem Jahr gegen die Pläne der Bietigheimer Wohnbau. Sie sind Anwohner und wären von den dreigeschossigen Bauten auf dem Nachbargrundstück direkt betroffen. Es gehe ihr aber auch um das Gesamtbild Bissingens. „Die Wohnbau baut immer so große Klötze. Stattdessen könnte man doch ein Stück des alten Bissingens bewahren. Wie passen denn Flachdachhäuser neben Fachwerkhäuser“, klagt sie.

Strauch klagt über die Bietigheimer Salamitaktik

Schnell habe sie 60 Unterschriften von Anwohnern gegen das Projekt gesammelt und dem Oberbürgermeister Jürgen Kessing überreicht. Zu diesem Zeitpunkt im Februar habe es immer noch keine offizielle Information über das Vorhaben der Wohnbau gegeben. Für einen Widerspruch sei es noch viel zu früh, habe es von Seiten der Stadt geheißen. „Das ist wieder die typische Bietigheimer Salamitaktik“, sagt Strauch: so lange abwiegeln, bis Tatsachen geschaffen worden sind.

Strauch gab sich damit nicht zufrieden, im März gründete sich eine Bürgerinitiative in Bissingen gegen das Projekt. Im Mai gab es dann die ersten Infos vom Baurechtsamt. Strauchs schalteten einen Anwalt ein, der bat um einen Sachstandsbericht bis Ende Juli und legte Widerspruch gegen die Baupläne ein. Die Doppelhaushälften fügten sich nicht in die Umgebung ein und brächten „unzumutbare Belästigungen“, heißt es in dem Schreiben an die Stadt. Die „monströse Kubatur“ würde „baurechtliche Unruhe stiften“. Die Stadt habe keinen Bebauungsplan aufgestellt, um diese Spannungen zu befrieden.

Der Widerspruch liegt jetzt beim Regierungspräsidium

Der Einspruch wurde abgelehnt, stattdessen erteilte die Stadt die Baugenehmigung. Strauch und ihr Anwalt Enzo Beathalter halten am Widerspruch fest und wenden sich nun ans Regierungspräsidium. Beathalter betont, dass es nur um einen baurechtlichen Widerspruch geht. „Die Infopolitik der Wohnbau spielt in dem Verfahren keine Rolle“, sagt er.

Carsten Schüler, der Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau, gesteht: „Man hätte die Anwohner schon im Vorfeld beteiligen können.“ Die Prüfung durch das Regierungspräsidium sei im Zeitplan vorgesehen. Falls der Widerspruch aber bis Anfang des neuen Jahres nicht geklärt sei, würden die Bagger anrücken. Spätestens Ende 2017 solle das Schiller-Quartier – so der Name der Siedlung – fertig sein.

Bei der Stadt kann man die Einwände der Anwohner nicht nachvollziehen: „Die Bebauung fügt sich ein in die Nachbarschaftsbebauung“, sagt die Stadtsprecherin Anette Hochmuth. Ein neuer Bebauungsplan sei nicht nötig gewesen, da der alte aus dem Jahr 1932 noch gelte. Daher sei das Thema auch nicht öffentlich im Gemeinderat beraten worden: Es habe ja nichts zu beschließen gegeben.