Stefan Räpple und sein Mitstreiter Wolfgang Gedeon (beide AfD) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Januar Foto: dpa

Der AfD-Politiker Stefan Räpple zeigt immer wieder seine Nähe zu rechtsextremen Gruppen. Die Führung der Landespartei will ihn loswerden. Im Antrag zum Parteiausschluss, der unserer Zeitung vorliegt, wird nun eine ganze Reihe von Vorwürfen gegen Räpple aufgelistet.

Stuttgart - Der Vorstand des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg fährt schweres Geschütz auf gegen das umstrittene Parteimitglied Stefan Räpple. Trotz einer in der Vergangenheit erfolgten Abmahnung habe Räpple der Partei durch wiederholte Verstöße gegen die AfD-Satzung und -Ordnung „schweren Schaden“ zugefügt, heißt es in dem Antrag auf einen Parteiausschluss, der unserer Zeitung vorliegt. Der Antrag, der ohne Anhänge 19 Seiten umfasst, führt die Verstöße in 16 Einzelpunkten detailliert auf.

Der Vorstand hatte das Parteiausschlussverfahren (PAV) im Grundsatz am 11. Dezember beschlossen, einen Tag vor dem Eklat im Landtag, bei dem der AfD-Abgeordnete aus Südbaden begleitet von Polizisten aus dem Plenum geführt werden musste. Den Antrag auf einen Parteiausschluss, den nach Informationen unserer Zeitung eine Rechtsanwaltskanzlei maßgeblich ausgearbeitet hat, verabschiedete der achtköpfige Vorstand am 4. Januar einstimmig. Anschließend wurde der Antrag dem Landesschiedsgericht der AfD mit Sitz in Reutlingen zugestellt. Räpple hat noch bis zum 25. Februar Zeit, vor dem Parteigericht eine Stellungnahme abzugeben.

Eine Anfrage unserer Zeitung, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, ließ Stefan Räpple unbeantwortet. Das ist eine Auswahl der Vorwürfe gegen Räpple:

Antisemitismus

Im Zusammenhang mit der Gründung der Gruppe „Juden in der AfD“ gab Räpple laut PAV-Antrag eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem AfD-Politiker Wolfgang Gedeon, der antisemitische Positionen vertritt. Gedeon erklärte, die Gruppe sei „im besten Fall überflüssig wie ein Kropf und im schlimmsten Fall eine zionistische Lobby-Organisation“. Räpple sagte, er kämpfe dafür, „dass wir keine Israel-Partei werden“. In einem Interview erklärte er anschließend, er stehe „voll und ganz hinter den Äußerungen von Herrn Gedeon“. Er lehne die „zionistische Ideologie, also die Durchsetzung israelischer Interessen auf deutschem Boden“, ab. Im PAV-Antrag heißt es, Räpple lasse „insgesamt eine Weltanschauung erkennen, die klar israelfeindlich bzw. antisemitisch ausgerichtet ist“. Das zeige auch seine Behauptung, Israel bereite mit Zustimmung eines Mitglieds der „Juden in der AfD“ eine Umsiedlung von Palästinensern auf den Sinai vor, so wie die Nazis eine Umsiedlung der Juden nach Madagaskar planten.

Verletzung der Abgaben- und Beitragspflicht

Räpple soll laut PAV-Antrag seit April 2018 monatelang seine Mandatsträgerabgabe nicht an die Partei abgeführt haben. Beim Europawahlparteitag am 19. November 2018 in Magdeburg habe er die Delegierten diesbezüglich getäuscht. Zudem zahle Räpple nur den für soziale Härtefälle vorgesehenen AfD-Mitgliedsbeitrag von 30 Euro, „obgleich er als Landtagsabgeordneter über ein erhebliches Einkommen verfügt“.

Demonstration in Stuttgart

Am 8. Dezember 2018 veranstaltete Räpple eine Demonstration in Stuttgart, für die er laut PAV-Antrag unautorisiert mit dem AfD-Logo warb, zugleich aber die Partei wegen mangelnder Unterstützung scharf angriff. Gedeon sei als Redner aufgetreten. Eine Rednerin habe die „Todesspritze“ gefordert für Befürworter von Spätabtreibungen. Räpple habe „diversen Menschen“ eine parteischädigende Plattform geboten, „abstruse Theorien“ zu verbreiten.

Teilnahme an Demonstration von „Pro Chemnitz“

Am 27. August 2018 nahm Räpple laut PAV-Antrag an einer Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ teil. Er habe „bewusst Seite an Seite mit Anhängern zahlreicher Vereinigungen demonstriert, die auf der Unvereinbarkeitsliste stehen (z.B. Die Rechte, Der III. Weg, Junge Nationaldemokraten (JN), Identitäre Bewegung (IB)“. Räpple habe damit gegen einen Parteitagsbeschluss verstoßen, sich klar von diesen rechtsextremen Gruppierungen abzugrenzen.

Stellungnahme zu Holocaust-Leugnerin

Räpple kommentierte am 6. Mai 2018 laut PAV-Antrag einen NDR-Bericht, wonach die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck ihre Strafhaft nicht angetreten hatte, mit folgenden Worten: „Wer es als gerechtfertigt ansieht, wenn jemand wegen seiner Meinung ins Gefängnis kommt, ist nichts anderes als ein Faschist.“ Diese Aussage sei ein „schwerer Verstoß gegen die Ordnung der Partei“, so der Antrag.

Hinweis auf rechtsextremen Versandhändler

Am 10. Oktober 2017 verlinkte Räpple laut PAV-Antrag in der Whats-App-Gruppe „Freunde der AfD Ortenau“ die Webseite eines Versandhändlers aus dem rechtsextremen Spektrum. Ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Deutschland 88“ habe er als „schöne Sache“ bezeichnet. Die Zahl 88 steht im Code der Neonazis für „Heil Hitler“.

Auftritt mit blauer Kornblume

Am 14. Dezember 2018 trat Räpple laut PAV-Antrag bei einer Veranstaltung in Sachsen mit einer blauen Kornblume als Anstecker auf. Die Blume war ein Erkennungszeichen österreichischer Nazis in den 30er Jahren.

Aufruf zum Widerstand an Beamte

Am 31. August 2018 rief Räpple laut dem PAV-Antrag Beamte dazu auf, Widerstand gegen den Staat zu leisten. Den sächsischen Justizbeamten, der widerrechtlich den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz veröffentlicht hatte, habe er als „Helden“ bezeichnet und ihm einen Job in seinem Büro im Landtag angeboten.

Eklat im Landtag

Durch die Weigerung, dem gegen ihn verhängten Ausschluss aus der Landtagssitzung am 12. Dezember nachzukommen, hat Räpple laut PAV-Antrag „das Ansehen der Partei erheblich beschädigt“. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob der Ausschluss durch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gerechtfertigt gewesen sei. Auch in Ausübung seines freien Mandats habe Räpple „die fundamentalen Regeln des Anstands und der parlamentarischen Gepflogenheiten zu wahren“.

Webseite mit „Lehrer-Pranger“

Ohne sich mit der Partei oder der AfD-Landtagsfraktion abzustimmen, richtete Räpple laut PAV-Antrag ein Webseite ein, um dort Lehrer und Professoren anzuzeigen und diese namentlich zu benennen. Meldeportale anderer AfD-Landesverbände, die keine personenbezogenen Daten veröffentlichten, seien dadurch diskreditiert worden.