Foto: StN

Der Italiener Antonio Parente choreografiert Feuerwerke in der ganzen Welt. Einen anderen Job kann sich der 34-Jährige gar nicht vorstellen.

Melara - Schall und Rauch, damit endet jede Arbeit von Antonio Parente. In vierter Generation ist der gebürtige Norditaliener Feuerwerker. Der Familienbetrieb Parente Fireworks in Melara in der Nähe von Rovigo ist eine der größten Firmen dieser Branche in Europa und eine der bedeutendsten weltweit. Das Eröffnungsfeuerwerk der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin etwa wurde in Melara zusammengestellt. Im Sommer 2009 hat Parente den bayrischen Himmel über dem Olympiapark beim Münchner Sommernachtstraum funkeln lassen.

"Jedes Feuerwerk von mir ist hundertprozentige Handarbeit, made in Italy", sagt Parente stolz. Zusammen mit seinen beiden Brüdern Claudio (Management) und Davide (Produktion) sowie seinem Vater Romualdo zaubert er bunte Farbspiele und glitzernde Showeffekte in den Himmel. Antonio Parente ist seit fast 20 Jahren dabei. Sich mit etwas anderem als Feuerwerk seinen Lebensunterhalt zu verdienen, daran hat der 34-Jährige nie gedacht. "Wir werden als Feuerwerker geboren", erklärt er. Drei Nichten und ein Neffe - die fünfte Generation - stehen schon in den Startlöchern.

Italiener lieben die bunten Himmelsspektakel, haben eine lange Tradition in der Herstellung von Feuerwerkskörpern. Parente hatte in seinem Vater einen hervorragenden Lehrmeister. Jedes künstliche Feuer - italienisch: fuocod artificio - hat seine eigene Geschichte und einen minuziös geplanten Ablauf. "Kein Feuerwerk gleicht dem anderen", sagt der Künstler.

Zu seinen Lieblingsvorstellungen zählt die am 14. Juli 2007, als er in Paris den Nationalfeiertag mit Böllern und Glimmer begleitete. "Eigentlich ist jedes Feuerwerk für mich ein Höhepunkt", sagt Parente. "Wenn es abgeschossen ist, lasse ich es vor meinem geistigen Auge noch einmal Revue passieren." Der Pyrotechniker hat jede Sequenz gespeichert. Sein Repertoire ist enorm. Die Ideen gehen ihm nicht aus. Seine Fantasie arbeitet rund um die Uhr.

85000 Quadratmeter groß ist das Firmengelände von Parente Fireworks. Platz für 16 Lagerhallen und 20 Labore. "Die einzelnen Gebäude und Arbeitsplätze müssen einen großen Sicherheitsabstand zueinander haben", erklärt Parente die strengen Vorschriften. Bei ihnen habe es noch nie einen schweren Unfall gegeben, sagt er stolz.

"Wir sind bekannt für eine ausgezeichnete Qualität und wunderschöne Farben." Letztere erzielen die Mitarbeiter, indem sie bestimmte Metalle und Mineralien unter das Schwarzpulver mischen, dem von Staats wegen streng kontrollierten Basisprodukt für jedes Feuerwerk. Der Rest ist Karton und Pappe.

"Gold- und Silbertöne kommen immer gut an, auch die neuen mediterranen Farben Limone, Rosa, Türkis und Orange habe ich in diesem Sommer viel verwendet." Nebel, Fontänen auf dem Wasser, Glitzerregen und Lasereffekte dürfen heutzutage bei keinem Feuerwerk fehlen. Den klassischen Feuerblumen, Rosetten und Goldkaskaden können sie dennoch nicht die Schau stehlen.

"Früher haben wir alle Feuerwerke via Kabel gezündet. Heute geht das von einer Kommandokabine aus - ferngesteuert", sagt Parente. Bei seinen Kreationen kann der Feuerwerker bis zu 220 ferngesteuerte Abschuss-Punkte einbauen. Ihm stehen 26 feste und 30 schwimmende Abschuss-Inseln zur Verfügung. Das alles hat natürlich seinen Preis: Unter einer sechsstelligen Summe geht nichts.

Um das Material an Ort und Stelle zu bringen, unterhält das Familienunternehmen 25 Lastzüge. "Jeder Transport muss beim italienischen Innenministerium genehmigt werden, das dauert oft sehr lange", sagt Parente. Die Pyrotechniker dürfen nur bestimmte Straßen, den Schienen- und den Wasserweg benutzen. Flugzeuge sind ausgeschlossen.

Bevor Parente mit seiner Arbeit beginnt, schaut er sich jeden Ort persönlich genau an. "Ich muss Sicherheitsabstände einhalten, und natürlich baue ich Natur und Landschaft in meine Choreografie mit ein. Ich muss bedenken, wo die Zuschauer stehen, wie der Hintergrund beschaffen ist, und dem Feuerwerk eine Art Bilderrahmen geben", erklärt er.

Die Musik liefere das i-Tüpfelchen. Antonio macht sie zunächst im Kopf, ohne Computer. Er braucht nur ein Thema. Für jede Choreografie ein neues. Er spielt mit Gegensätzen: laut und leise, langsam und schnell. "Der Wind ist unser größter Feind", sagt der Künstler. Regen erleichtere die Arbeit zwar auch nicht gerade, sei aber auch kein Hinderungsgrund mehr: "Die Technik hat große Fortschritte gemacht."

Ende des 19. Jahrhunderts hat Antonios Urgroßvater Romualdo Parente in Torre Maggiore in Apulien seine ersten Feuerwerkskörper hergestellt. Süditalien ist bis heute Zentrum der Schwarzpulververarbeitung. Dennoch entschied Großvater Antonio, in den Norden Italiens umzuziehen. 40 Mitarbeiter sind heute bei Parente Fireworks fest angestellt, im Sommer - der Hauptsaison für Feuerwerke - können es drei- bis viermal so viele sein.

Bei jedem Feuerwerk sind zwischen 10 und 15 Mitarbeiter vor Ort. Auch in der kalten Jahreszeit hat die Familie viel zu tun. In den letzten Jahren ist es zur Mode geworden, dass Kommunen zu Silvester große Feuerwerke veranstalten, damit die Menschen auf den Plätzen feiern können. In Venedig, Padua und San Remo etwa wird das Jahr 2010 mit einem Parente-Feuerwerk begrüßt.