Vasen, immer wieder Vasen, aber auch Kaffeegeschirr wollen Monika Kopper, Heike Egler und Sabine Kraft (v.l.) taxiert wissen. Foto: Werner Kuhnle

Viele haben zu Hause Erinnerungsstücke an ihre Vorfahren. Sie sind ihnen lieb – und manchmal sind sie auch teuer. Zum 75-Jahr-Jubiläum hat der Bund für Heimatkunde zwei Experten eingeladen, die den Wert mitgebrachter Antiquitäten geschätzt haben.

Sendungen wie „Bares für Rares“ oder „Kunst oder Krempel“ genießen bei vielen Zuschauern Kultstatus. Sie verfolgen Nachmittag für Nachmittag und teils auch in den Abendstunden gespannt, welche Preise mehr oder weniger wertvolle Fundstücke aus Speichern, Nachlässen oder anderen Hinterlassenschaften vor einer Expertenrunde erzielen. Eine ähnliche A(u)ktion gab es jetzt im Benninger Museum Adler.

Schon vor dem offiziellen Beginn von „Schätze schätzen“, die der Bund für Heimatkunde anlässlich seines 75-jährigen Bestehens am Sonntag angeboten hat, drängen die ersten Besucherinnen und Besucher durch die Tür. Und die beiden Experten Jürgen Löfke und Siegfried Beil lassen sich nicht lange bitten. Ausgerüstet mit Lupe, Nachschlagewerken und vor allem mehr als 50 Jahren Erfahrung mit Antiquitäten nehmen die beiden Heidelberger die mitgebrachten Schätze in Augenschein.

Ob Uhren, Tassen, Vasen oder Teddybären – es gibt eigentlich kein Gebiet, auf dem Beil und Löfke sich nicht auskennen. „Wir sind von Haus aus Sammler, und dabei macht man verschiedene Perioden durch, je nachdem, was man gerade Besonderes findet“, erklärt der 80-jährige Löfke. Und wenn doch einmal etwas ihre Kenntnis übersteigt, haben sie Spezialisten zur Hand.

Von der Künstlervase bis zum Zylinder

Die Benningerin Monika Kopper hat mehrere Vasen dabei. „Aus dem Fundus der Schwiegermutter“, erklärt sie. Eine kleine asiatische, zwei größere aus Glas und Keramik. Auch Heike Egler hat eine Vase mitgebracht. Die gehöre aber nicht ihr, sondern einer Freundin aus der Nähe von Karlsruhe, sagt sie: „Ich finde, so was ist eine tolle Sache. Man forstet ja immer mal wieder den Haushalt durch.“ Die Vase, soviel weiß sie von ihrer Freundin, ist von Gustav Spörri, einem Schweizer Keramikkünstler. „Für einen guten Preis würde sie sie hergeben.“

Sabine Kraft wiederum hat sich keck einen Zylinder auf den Kopf gesetzt. „Wahrscheinlich ist er nicht viel wert“, meint sie. Aber fragen kostet ja nichts.

Auch drei Erbstücke sind dabei. Einen Gehstock von der Urgroßmutter mit silbriger Raubkatze am Griff, einen elektrischen Zigarettenanzünder aus Porzellan und – das Highlight – einen elfenbeinfarbenen Porzellanteller mit Zeppelin-Aufdruck. Auf diesem Geschirr wurde in den Luftschiffen einst das Essen serviert. Und einer Familienlegende nach wurde das Stück aus den Trümmern eines Zeppelins gerettet. War es die Hindenburg, die in Lakehurst explodierte?

Ein Gehstock aus der Gründerzeit

Diese Frage kann auch Jürgen Löfke nicht beantworten. Überhaupt interessiert ihn der Teller nur mäßig. „Darüber findet man ja auch was im Internet.“ Dennoch kann er an einen Experten verweisen, der mehr darüber wissen müsste.

Urgroßmutters Gehstock taxiert er zunächst auf „etwa 19. Jahrhundert“. Beim Blick durch die Lupe entdeckt er auf dem Griff eine Punze. „Nur Silber hat man gepunzt“, weiß er. Dann stutzt er nochmals kurz. Die Ornamente seien eigentlich barock. „Und das deutet eher auf die Gründerzeit hin.“ Damit korrigiert er seine erste Altersschätzung um 20 Jahre nach vorne. Vielleicht hat er ja schon Ururgroßmutter gehört? Wie auch immer: „Es ist ein schöner, ausgefallener Stock. So etwa 200 Euro könnte er wert sein“ , lautet das Urteil. Zum Schluss der Zigarettenanzünder. Ist er überhaupt etwas wert? Ein Kabel mit ausgefranster Textilummantelung, ein alter Stecker, den man besser nicht in eine moderne Steckdose stecken sollte – aber aus Sicht der Experten ist er das Highlight. Weder Löfke noch Beil haben so etwas schon einmal gesehen – „noch nicht mal in der Literatur“, sagt Löfke. Das sei „ganz, ganz selten – ein Rarissimum“. Hinzu komme, dass sich mehrere Gruppen für so etwas interessierten könnten – Porzellansammler, Sammler von Raucherutensilien, vielleicht auch die Firma Rosenthal als Hersteller. 100 bis 200 Euro, so eine vorsichtige Schätzung.

Überraschung: eine echte Rarität ist auch dabei

Sabine Krafts Zylinder wird tatsächlich als „etwas Flohmarktmäßiges“ angesehen. Die asiatische Vase von Monika Kopper stammt aus Japan und ist 80 bis 100 Jahre alt. So 50 bis 80 Euro könnte sie kosten. Und Heike Egler ist verschwunden, bevor sie Auskunft zum Wert ihrer Vase geben kann.

Dass jemand den ganz großen Wurf macht, sei eher unwahrscheinlich, sagt Löfke. Was noch den Siebzigerjahren teuer gekauft worden sei, bringe oft nur noch einen Bruchteil ein. Als Beispiel nennt er einen Teppich – für 280 000 Mark gekauft, für 1500 Euro verkauft. Das Angebot sei groß, die Nachfrage gering. Aber man müsse das anders sehen: „Der Besitzer hat sich 30 oder 40 Jahre an dem schönen Objekt gefreut.“