Die Antiquariatsmesse belegt den Großen Saal im Kunstverein. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Viele Stände sind schon kurz nach der Eröffnung dicht umringt gewesen. Bei der 57. Auflage der Messe sind 65 Antiquare dabei. Nicht alle haben ein eigenes Geschäft.

Stuttgart - Als zum Glockenschlag um elf Uhr die Absperrbänder beiseite geräumt werden und die ersten Besucher dicht gedrängt in den Großen Saal des Württembergischen Kunstvereins strömen, strahlt Norbert Munsch übers ganze Gesicht: „Stuttgart und sein Kunstgebäude sind und bleiben für uns der ideale Platz“, sagt der Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Antiquare. Selbst die Tatsache, „dass wir den großen Kuppelsaal des Hauses nicht mehr für unsere jährliche Messe belegen können, ändert daran nichts“.

Die 57. Auflage der einst im Gustav-Siegle-Haus begründeten, ältesten und wichtigsten Antiquariatsmesse im deutschen Sprachraum wird an diesem Wochenende, da ist sich Norbert Munsch ganz sicher, „wieder ein schöner Erfolg für unsere Mitglieder“. 65 Antiquare, darunter Gäste aus der Schweiz, den Niederlanden, Österreich, Italien und Großbritannien, bieten ihre seltenen Bücher, Briefe, Dokumente, Kunstwerke – jede Menge teure Raritäten und auch Kuriositäten zum Kauf.

Herbert Blank ist ein gefragter Mann

Norbert Munsch sagt: „Unser Verband hat gegenwärtig 207 Mitglieder. Die Tendenz ist wieder leicht steigend. Zugegeben, vor zwanzig Jahren hatten wir noch 270 Antiquare in unseren Reihen, doch es wäre falsch, deshalb vom Niedergang der Antiquariate zu sprechen.“ Das Interesse an wertvollen alten Büchern sei nach wie vor hoch – viele Antiquare nutzten zwar gerne die Möglichkeiten des Internets, aber die Stuttgarter Traditionsmesse zeige alle Jahre wieder, dass die passionierten Büchersammler nichts lieber täten, als die Objekte ihrer Begierde in Händen zu halten.

Zu den renommiertesten Männern seiner Zunft in Deutschland zählt der Sillenbucher Herbert Blank, dessen Messestand bereits kurz nach der Eröffnung dicht umlagert war. Der 88-Jährige, der kein Ladengeschäft betreibt und auch keine Internetseite bietet, sagt: „In diesem Jahr ist das Interesse an meinem gedruckten Katalog so stark wie lange nicht mehr. Ich bin zuversichtlich, dass die Messe für alle Kollegen gut verlaufen wird.“ Schon vor Beginn hatte Blank die von Friedrich Schiller einst herausgegebene, legendäre Monatsschrift „Die Horen“ (Zwölf Bände, erschienen bei Cotta in Tübingen zwischen 1795 und 97) für stolze 6000 Euro an einen Sammler gebracht. Auch Schillers „Räuber“ in der ersten Ausgabe von 1781 wird über Wochenende gewiss einen neuen Besitzer finden – zum stolzen Preis von 25 000 Euro.

Angebot auf Gedenktag ausgerichtet

Gunnar Gräff wiederum, der Inhaber des Antiquariats Müller und Gräff in der Calwer Straße, hat sein Angebot auf einen wichtigen Gedenktag ausgerichtet: „Christian Wagner, der Dichter und Kleinbauer aus Warmbronn im Kreis Leonberg, ist am 15. Februar 1918 gestorben, also vor fast genau hundert Jahren. Aus seinem Nachlass verkaufe ich interessante handgeschriebene Briefe, Manuskripte und Ansichtskarten.“ Die Preise dafür liegen zwischen 500 und 1800 Euro; für die weitverzweigte „Gemeinde“ der Christian-Wagner-Fans sind das erschwingliche Beträge.

Wer noch stärker auf die Stuttgarter Heimatkunde setzt, der findet bei Müller und Gräff, spezialisiert auf die hiesige Stadtgeschichte, das „Handbuch für die königliche Haupt- und Residenzstadt Stuttgart“ von 1851, erschienen beim Verlag Hallberger. Kostenpunkt 1500 Euro.