Mit diesem Bild hat Helene Kratzer 2017 beim Malwettbewerb in der Altersgruppe der Sechs- bis Achtjährigen gewonnen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der StZ-Malwettbewerb dreht sich in diesem Jahr um Engel. Der Pater Anselm Grün ist überzeugt, dass diese besonderen Wesen existieren. Die entscheidende Frage ist nur, wie man sie sich vorstellt.

Stuttgart - Bald ist Weihnachten: „Dein Engel auf Erden“ lautet das Thema des diesjährigen Kindermalwettbewerbs unserer Zeitung. Der Benediktinerpater Anselm Grün beschäftigt sich seit Jahren mit Engeln und ist überzeugt, dass sie auch jenen helfen, die nicht an Gott glauben.

Herr Grün, glauben Sie an Engel?

Natürlich. Die Frage ist nur, wie man sich die Existenz von Engeln vorstellt. In der Esoterik werden die Engel vereinnahmt, als könnte man mit ihnen telefonieren. Das sehe ich nicht so. Da ist es gut, die nüchterne Theologie zu befragen, die sagt, Engel sind keine Personen, sondern geistige Wesen, Kräfte, die uns schützen.

In Ihren Büchern tauchen verschiedene Engel auf, Engel der Milde, der Klugheit oder Ehrfurcht . . .

Engel sind eine Wirklichkeit, über die man nur in Bildern sprechen kann. Wenn ich von Engeln mit Ehrfurcht oder der Zuversicht spreche, meint das Tugenden, die nicht moralisierend eingetrichtert werden sollen. Der Engel gibt mir die Möglichkeit, mit dem Potenzial, das in meiner Seele liegt, in Berührung zu kommen.

Die meisten Menschen haben sich nur den Schutzengel bewahrt. Ein Zeichen für unsere egoistische Zeit, dass uns andere Tugenden nicht scheren?

Es gibt heute wieder eine neue Offenheit für Werte und Tugenden. Aber es ist üblich, dass auch Menschen, die nicht so gläubig sind, vom Schutzengel sprechen, wenn sie bei einem Unfall gut davongekommen sind. Sie haben eben doch das Gefühl, dass es da etwas Transzendentes gibt.

Engel sind ursprünglich Boten Gottes. Warum werden sie oft nicht mehr mit der Bibel in Verbindung gebracht?

Man kann eigentlich nicht über Engel sprechen, ohne auch über Gott zu sprechen, denn Gott schickt den Engel in die Situation. Aber Sie haben recht, das Transzendente ist ein Stück verbürgerlicht worden und hinuntergezogen auf unsere Erde.

Wirken Engel, wenn man nicht gläubig ist?

Sicher. Die Frage ist, wer ist gläubig und wer nicht. Irgendeine Art von Glauben haben doch alle, dass es etwas gibt, das größer ist als wir selber.

Raffael zum Beispiel ist der Heilungsengel. Wie funktioniert die Heilung?

Wenn ich jemandem den Engel der Heilung wünsche, wünsche ich, dass Gott ihm heilende Kräfte schickt und er mit den heilenden Kräften mit seiner Seele in Berührung kommt.

Ist es im Sinne der Kirche, an die Hilfe von Engeln zu glauben? Eigentlich ist doch Gott, derjenige, der Kraft spendet.

Es ist durchaus legitim, an Engel zu glauben, aber es ist immer Gott, der Engel schickt. Es ist ein Bild, dass das Göttliche in Gestalt der Engel einbricht.

Wie steht die Kirche heute zu Engeln?

Sie glaubt an Engel, aber die Dogmatik sagt, Engel sind keine Personen, die man vereinzeln kann. Es ist ein Hoffnungszeichnen, dass der Mensch, wenn er auf Irrwege gerät, vom Engel begleitet wird, der ihn auch über die Schwelle des Todes trägt. Es ist ein Bild, dass der Mensch nicht ganz allein ist.

Werden Sie im Advent Engel aufstellen?

Ich muss keine Engel aufstellen, aber an Weihnachten habe ich Bilder von Weihnachten und der Verkündigung, da ist der Engel natürlich dabei. Es sind für mich Bilder für das Geheimnis, und sie öffnen die Erde zum Himmel hin.