Direkt an der Bushaltestelle Goethestraße liegt ein knapp 1400 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem die Stadt Wohnungen für Flüchtlinge mit Bleiberecht bauen will. Ein weiterer Standort befindet sich in Musberg. Foto: Norbert J. Leven

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen will Wohnungen für anerkannte Asylanten in Unteraichen und Mus-berg bauen. Sie verfügt aber nur über eines von zwei Grundstücken.

Leinfelden-Echterdingen - Am Ende der Debatte gibt es eine große Mehrheit: Nur die drei Stadträte Bernd Stäbler, Hans-Werner Engel (beide CDU) und Ralf Bauer (Freie Wähler) aus Musberg stimmen gegen den Plan der Stadtverwaltung, auf zwei Grundstücken in Musberg und Unteraichen Wohnungen für die sogenannte Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu bauen. Solche Plätze müssen Kommunen für Menschen vorhalten, die nach einem Jahr oder nach der Anerkennung des Asylstatus die Erstaufnahmeunterkünfte verlassen müssen.

Eine verlässliche Zahl, wie viele solcher Plätze die Stadt Leinfelden-Echterdingen in Zukunft vorhalten muss, vermochte Oberbürgermeister Roland Klenk nicht zu nennen: Beinahe täglich höre er neue Flüchtlingszahlen, die auf die Gemeinden verteilt werden sollen. Die Stadt gehe davon aus, dass man „ab 2016 jedes Jahr auf unbekannte Zukunft hinaus Wohnraum für mindestens 120 Menschen zur Verfügung stellen muss“, sagte Klenk.

Stadt will nicht in die Verschuldung gehen

Der Rathauschef bereitete den Gemeinderat auch darauf vor, dass die Ausgaben für Flüchtlinge den neuen Haushalt belasten werden. Er sei aber „nicht bereit, dass die Stadt wegen dieser Aufgabe in die Verschuldung geht“. Folglich werde man sich an anderer Stelle einschränken müssen.

Laut der Baubürgermeisterin Eva Noller beabsichtigt die Große Kreisstadt die Gebäude so zu bauen, dass sie „später auch als günstiger Wohnraum genutzt werden können“. Vorangetrieben werden nun zwei Standorte. Zum einen handelt es sich dabei um das knapp 1400 Quadratmeter große städtische Grundstück an der Ecke Stuttgarter Straße/Goethestraße/Uhlandstraße. Dort sieht der Bebauungsplan Wohnungsbau vor. Das zweite Areal befindet sich in Musberg nördlich der vorhandenen Gewerbebebauung zwischen Unteraicher Weg und Ulrichstraße. Das 4300 Quadratmeter große Grundstück umfasst die im Flächennutzungsplan als Norderweiterung Musberg bezeichnete Misch- und Wohnbaufläche.

Kreissparkasse hält sich bedeckt

Über dieses Grundstück kann die Stadt nicht verfügen. Es gehört der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Auf Anfrage wollte sich das Unternehmen am Mittwoch zu einem möglichen Verkauf an die Stadt nicht äußern.

Gegen eine mögliche Nutzung dieser Fläche für die Anschlussunterbringung machten der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Stäbler und sein Fraktionskollege Hans-Werner Engel Bedenken geltend. „Wir verbauen uns unsere Chance, dieses Areal zu entwickeln“, sagte Stäbler. Er forderte die Stadtverwaltung auf, die seit Jahren von seiner Fraktion geforderte Baulandentwicklung nun endlich voranzutreiben. Das werde aber „Jahre dauern“, entgegnete OB Klenk. „Wir sind jetzt in Not.“

Drei weitere Grundstücke benötigt

Auch Ilona Koch (CDU), Erich Klauser (SPD) und Eva Barth-Rapp (Grüne) verwiesen auf die Dringlichkeit. Barth-Rapp forderte Verwaltung und Gemeinderat auf, Überlegungen anzustellen, mit welchen Anreizen man Vermieter dazu bewegen könne, leer stehenden Wohnraum nun zur Verfügung zu stellen. Mittel wie das in Stuttgart angekündigte Zweckentfremdungsverbot sollten an letzter Stelle stehen. OB Klenk bestätigte die Annahme von Wolfgang Haug (LE-Bürger/FDP-Fraktion), dass drei weitere in der Untersuchung als geeignet identifizierte Grundstücke für die Anschlussunterbringung über kurz oder lang ebenfalls benötigt werden.

Für die beiden Standorte in Unteraichen und Musberg signalisierte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Hans Huber, Zustimmung. Er kritisierte, dass die Stadt seit Jahren das Thema Wohnraum für sozial Schwache vernachlässigt habe. Nun werde man dazu gezwungen. In diesem Zusammenhang sagte Huber: „Ich lehne das Wort Flüchtlinge ab. Das sind alles illegale Einwanderer.“ Diese Bezeichnung „finde ich problematisch. Das ist mehr als daneben“, kritisierte Judith Skudelny (LE-Bürger/FDP-Fraktion). Alle anderen ließen die Huber-Äußerung unkommentiert stehen.