Die Zeit, als auch in Backnang Notunterkünfte für Flüchtlinge eingerichtet wurde, ist längst vorbei. Dennoch sorgt die Unterbringung für einige Diskussion. Foto: Gottfried Stoppel

Ein Neubaubeschluss löst eine Grundsatzdiskussion aus. Das Bürgerforum empfiehlt, keine Unterkunft für Asylbewerber zu bauen, um kein „fatales Signal“ zu setzen.

Backnang - Nachdem sich im vergangenen Jahr Pläne für eine neue Unterkunft für Geflüchtete in der Plattenwaldsiedlung überraschend zerschlagen hatten, weil sich die Stadt Backnang nicht über den Kauf eines Grundstücks mit der Paulinenpflege einigen konnte, ist nun eine Alternative gefunden. Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend mit deutlicher Mehrheit den Neubau eines dreigeschossigen Gebäudes in der Fabrikstraße beschlossen, in dem bis zu 40 Personen untergebracht werden können. Zuvor ist darüber allerdings ziemlich grundsätzlich diskutiert worden.

Nopper: Gebäude ist multifunktional

Der Neubau, der nach ersten Kalkulationen rund 1,5 Millionen Euro kosten wird, und in Holzmodulbauweise errichtet werden soll, wird benötigt, um aus der Obhut des Landkreises entlassene anerkannte oder geduldete Asylsuchende aufnehmen zu können. Bis zum Jahresende werden in Backnang gut 180 Geflüchtete aus den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises in die sogenannte Anschlussunterbringung wechseln, die Aufgabe der Kommune ist.

Die Rathausspitze um den Oberbürgermeister Frank Nopper und den Ersten Bürgermeister Siegfried Janocha betonte allerdings auch, dass das Gebäude bewusst so konzipiert sei, dass es auch anderweitig genutzt werden könne. Deshalb plane man für die 32 bis 40 Quadratmeter großen Wohnungen beispielsweise Kellerräume ein, auch wenn dies in einer Flüchtlingsunterkunft nicht zwingend erforderlich wäre. Der Neubau soll Teil einer Gesamtkonzeption zur allgemeinen Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sein, in den über die städtische Wohnbaugesellschaft in den kommenden Jahren mehr als 17 Millionen Euro investiert werden soll.

Bachert: Fatales Signal

Das Bürgerforum will das Projekt in der Fabrikstraße indes nicht mittragen. Die drei in der Sitzung anwesenden Räte stimmten gegen den Neubaubeschluss. Die Stadt sende damit ein „fatales Signal“ aus, sagte der erst jüngst von der Fraktion der Grünen konvertierte Stadtrat Eric Bachert. Die Kommune solle den „falsch eingeschlagenen Weg“ der Asylpolitik nicht weiterverfolgen, so Bacherts Begründung.

„Nicht wir haben diesen Weg eingeschlagen“, lautete die Replik von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). Im übrigen werde jetzt ein Baubeschluss für eine multifunktionale Unterkunft gefasst, „die auch von einheimischen Obdachlosen genutzt werden könnte“. Eine pauschale Bevorzugung von Geflüchteten werde bei der Backnanger Offensive in Sachen sozialer Wohnungsbau nicht gemacht. Auch unabhängig von der Zuwanderung fehle es überall in der Region an derartigen Wohnungen – durch die Zuwanderung werde die Nachfrage allerdings noch verstärkt. „Wir haben eine humanitäre und rechtliche Verpflichtung, die Menschen unterzubringen“, betonte hingegen der Erste Bürgermeister Janocha hinsichtlich der Flüchtlinge.

Kutteroff: Nicht einfach wegducken

Das sah auch die deutliche Mehrheit der Stadträte so. „Ich kann mich nicht einfach wegducken, nur weil mir etwas nicht gefällt“, sagte etwa Sabine Kutteroff von der CDU. Die Bundesregierung werde ihre Haltung in der Asylfrage wohl kaum überdenken, nur weil in Backnang ein Haus nicht gebaut werde, ergänzte Armin Dobler von der SPD, „wir können hier nicht agieren wie in einer Sponti-Bewegung, sondern müssen uns an geltendes Recht halten“. Was ihn in der ganzen Diskussion am meisten ärgere, sagte sein Parteigenosse Heinz Franke, dass in einer zweifellos wichtigen Thematik wie dem sozialen Wohnungsbau „Einheimische und Geflüchtete gegeneinander ausgespielt werden.“