Eine Gerichtszeichnung von Dschochar Zarnajew Foto: dpa

Hat Dschochar Zarnajew das Attentat auf den Boston-Marathon kaltblütig geplant oder war er nur der willfährige Helfer seines Bruders? Über diese Frage muss jetzt die Jury entscheiden.

Boston - Die Geschworenen im Prozess um den Bombenanschlag auf den Boston-Marathon beraten am Dienstag über die Schuld des Angeklagten Dschochar Zarnajew. Die Staatsanwaltschaft hält Zarnajew terroristische Motive vor. Seine Verteidigung versuchte die Geschworenen dagegen davon zu überzeugen, dass er nicht die Hauptschuld an der Tat trage. Sie will die Todesstrafe abwenden.

In seinem Schlussplädoyer sagte Staatsanwalt Aloke Chakravarty am Montag, Zarnajew und sein Bruder hätten sich als islamistische Gotteskrieger verstanden und kaltblütig Bürger umgebracht. Zarnajews Verteidigung versuchte in ihrem Plädoyer, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass er ein ganz normaler Schüler gewesen sei und nicht die Hauptschuld an der Tat trage.

Schuldspruch gilt als sicher

Unmittelbar nach den Plädoyers ging der Fall an die Geschworenen. Ein Schuldspruch gilt als sicher, weil auch die Verteidigung einräumte, dass Zarnajew auf der Zielgeraden des Traditionslaufs zwei Bomben gezündet hat.

Ihm wird vorgeworfen, bei dem Anschlag im April 2013 drei Zuschauer getötet und 260 Menschen zum Teil sehr schwer verletzt zu haben. Er ist insgesamt in 30 Punkten angeklagt, unter anderem auch wegen Mordes an einem Polizisten während der Flucht einige Tage nach der Tat. 17 der Punkte wiegen so schwer, das sie mit der Todesstrafe geahndet werden könnten. Es handelte sich um den schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001.

War der Bruder der Strippenzieher?

Dschochar Zarnajew habe Amerika „bestrafen“ und dabei bewusst auch kleine Kinder zu Opfern machen wollen, sagte Staatsanwalt Chakravarty. Die Verteidiger des heute 21-Jährigen meinten, der Strippenzieher sei sein sieben Jahre älterer Bruder Tamerlan gewesen, der bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei wenige Tage nach der Tat erschossen wurde. Es sei falsch, ihren Mandanten als Dschihadisten hinzustellen, sagte die Anwältin Judy Clarke. „Ohne Tamerlan wäre das nie passiert.“

Mit Spannung wird die Schlussphase des Prozesses erwartet, wenn über das Strafmaß entschieden wird. Die Verteidigung zielt darauf ab, die Todesstrafe abzuwenden. Der US-Bundesstaat Massachusetts hatte Exekutionen zwar in den frühen 1980er Jahren abgeschafft und die letzte Hinrichtung fand 1947 statt. Aber Zarnajew muss sich in einem Bundesverfahren verantworten, und das Bundesrecht erlaubt generell die Todesstrafe - also auch in Massachusetts.