Trauer in Dänemark: Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt Foto: dpa

Terror in Kopenhagen: Erst fallen in einem Kulturcafé Schüsse, die einen Mann tödlich verletzen. Wenig später gibt es an einer Synagoge  in der Innenstadt ein weiteres Opfer. Den Attentäter kann die Polizei erschießen. Ministerpräsidentin Thorning-Schmidt spricht von einem "unendlich traurigen Morgen".

Kopenhagen - Nach Stunden der Terrorangst hat die Polizei in Kopenhagen am frühen Sonntagmorgen den mutmaßlichen Attentäter gestellt und getötet.

Der Mann ist den Polizeiangaben zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Mord an einem 55 Jahre alten Gast einer Diskussionsveranstaltung sowie an einem jungen jüdischen Wachmann vor einer Synagoge verantwortlich. Die Polizei stützt sich unter anderem auf die Auswertung von Videomaterial aus Überwachungskameras.

Täter war der Polizei bekannt

Der Mann sei den Ermittlern bekanntgewesen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Sonntagmittag. Die Identität des Mannes wollten Polizei und Sicherheitsbehörde zunächst aber nicht preisgeben. „Er kommt aus Kopenhagen, das ist alles, was wir sagen können“, sagte der Chef der dänischen Sicherheitsbehörde PET, Jens Madsen.

Der Anschlag gegen das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Januar in Paris könnte den Attentäter nach Einschätzung von PET zu den Taten inspiriert haben. Nichts deute bislang darauf hin, dass der Mann einen Komplizen gehabt habe, sagte Madsen, noch gebe es Hinweise darauf, dass der mutmaßliche Täter sich als Dschihadist in Syrien oder im Irak aufgehalten habe. Die Ermittler fanden eine Waffe, die die Tatwaffe sein könnte.

Bei den Attentaten fünf Wochen nach den Anschlägen auf die Karikaturisten von Charlie Hebdo in Paris waren am Samstag und in der Nacht zum Sonntag zwei Menschen getötet und fünf verletzt worden, bevor die Polizei den mutmaßlichen Täter am frühen Morgen erschoss.

"Ein unendlich trauriger Morgen"

Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt brachte ihre Erleichterung zum Ausdruck. "Die Polizei hat nach Lage der Dinge den mutmaßlichen Täter, der hinter beiden Angriffen steckt, neutralisiert", heißt es einem Statement der Regierungschefin. "Es ist ein unendlich trauriger Morgen, an dem wir alle an die Opfer und ihre Angehörigen denken. Zwei unschuldige Menschen haben ihr Leben in der Folge einer zynischen Terroraktion gegen Dänemark verloren."

Den Ermittlungen zufolge war der Mann nach dem Angriff auf die Diskussionsveranstaltung zum Thema "Kunst, Gotteslästerung und Freie Rede" am Samstag zunächst in einem dunklen VW Polo geflohen, der später in Kopenhagen gefunden wurde. Danach setzte er seine Flucht in einem Taxi fort und ließ sich nach Hause in seine Wohnung fahren. Der Taxifahrer gab den Ermittlern den entscheidenden Tipp.

Mann eröffnete das Feuer

Als die Beamten den Verdächtigen am frühen Sonntagmorgen vor dem observierten Haus ansprachen, habe der Mann das Feuer eröffnet, berichtete die Polizei. Daraufhin hätten die Beamten zurückgeschossen und den Angreifer getötet. Das Viertel in Kopenhagen ist bekannt für seinen hohen Migrantenanteil.

Bei dem Opfer, das in dem Kulturcafé erschossen wurde, handelt es sich um einen 55 Jahre alten Mann. Das zweite Opfer, das in der Nacht vor einer Synagoge in Kopenhagen von einer Kugel in den Kopf tödlich getroffen wurde, ist nach Angaben aus der jüdischen Gemeinde ein junger Wachmann jüdischen Glaubens. Er hatte die Menschen kontrolliert, die in die Synagoge zur Feier einer Bar Mitzwa kamen.

Nach Angaben des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Dan Rosenberg Asmussen, gelang es dem Angreifer nicht, in das Gebäude vorzudringen, wo etwa 80 Menschen versammelt waren. Laut Asmussen hatte die jüdische Gemeinde die Sicherheitsvorkehrungen nach den Terroranschlägen in Paris Anfang Januar verstärkt. Unter den Verletzten sind auch mehrere Polizisten.

Schüsse galten Lars Vilks

Der Angriff in dem Kulturcafé hatte vermutlich dem schwedischen Zeichner Lars Vilks gegolten. Er ist seit Jahren in islamistischen Kreisen wegen seiner Mohammed-Karikaturen in der Kritik und war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen. Islamisten setzten ein Kopfgeld in Höhe von 150 000 Dollar auf ihn aus. Vilks blieb bei dem Anschlag unverletzt. Er hatte sich zusammen mit der Mitorganisatorin der Diskussion, Helle Merete Brix, in einen Kühlraum verschanzt gehalten.

Unter den Besuchern war auch der französischen Botschafter François Zimeray. Er blieb unverletzt. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve machte sich am Sonntag von Marokko aus auf den Weg in die dänische Hauptstadt.

Merkel telefoniert mit Thorning-Schmidt

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Angehörigen der Opfer der Terroranschläge ihr Beileid und Mitgefühl aus. In einem Telefonat mit Thorning-Schmidt betonte die Kanzlerin am Sonntag, Deutschland stehe angesichts der menschenverachtenden Anschläge fest an der Seite Dänemarks. Es gebe engen Kontakt bei Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus. Den Familien der Opfer wünsche sie in diesen schweren Stunden Kraft, Trost und Beistand.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief die Juden in Europa zur Auswanderung in den jüdischen Staat auf. "Juden wurden auf europäischem Boden ermordet, nur weil sie Juden waren", sagte Netanjahu während einer Kabinettssitzung in Jerusalem. "Diese Terrorwelle wird weitergehen." Er wende sich an die Juden in Europa: "Israel ist eure Heimstätte." Auf die Anschläge in Paris im Januar, bei denen auch vier Juden getötet worden waren, hatte Netanjahu bereits mit einem ähnlichen Aufruf reagiert.