Mit Kerzen und Kreidezeichnungen gedenken die Bewohner in Brüssel den Opfern. Foto: dpa

Wie konnte es zu den Brüsseler Terroranschlägen kommen? Statt Antworten gibt es noch immer viele Fragen. Doch immer deutlicher werden die Querverbindungen zwischen den Anschlägen von Paris und Brüssel.

Brüssel - Während der Großfahndung nach einem flüchtigen Terrorverdächtigen deuten immer mehr Hinweise auf enge Verbindungen zwischen den Attentätern von Paris und Brüssel hin. Offenbar waren an den Terrorserien zum Teil dieselben Attentäter beteiligt. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, war einer der mutmaßlichen Attentäter vom Brüsseler Flughafen der Extremist Najim Laachraoui, der die Bomben für die Pariser Anschläge vom November gebaut haben soll. Behördenangaben zufolge haben die Terroristen die Brüsseler Anschläge möglicherweise wegen zunehmenden Drucks der Ermittler in aller Eile verübt.

Im Zuge eines neuen Sicherheitsdebatte wurde zudem bekannt, dass die Terrormiliz Islamischer Staat mindestens 400 Kämpfer explizit für Angriffe in Europa ausgebildet hat. Entsandte und miteinander verzahnte Terrorzellen wie diejenigen in Paris und Brüssel hätten die Order, selbst über Zeitpunkt, Ort und Methode ihres Angriffs zu entscheiden, erfuhr die Nachrichtenagentur AP am Mittwoch von europäischen und irakischen Geheimdienstlern sowie einer französischen Abgeordneten.

Einfluss der Terrormiliz in Europa

Dieses Netzwerk miteinander verbundener, agiler und halbautonomer Zellen unterstreiche den Einfluss der Terrormiliz in Europa, obwohl sie derzeit im Irak und Syrien in die Enge getrieben werde, hieß es. Es gebe spezielle Ausbildungslager für Attacken gegen den Westen in Syrien und im Irak sowie möglicherweise auch in Ex-Sowjetstaaten.

Während Belgien versucht, Trauer und Schmerz zu verarbeiten, entspinnt sich wegen der Anschläge eine neue Sicherheitsdebatte in Europa. EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos mahnte mehr Austausch von Geheimdienstinformationen an, um der Bedrohung durch religiösen Extremismus zu begegnen.

Am Dienstag hatten sich am Flughafen und in der U-Bahn der belgischen Hauptstadt insgesamt drei Extremisten in die Luft gesprengt und mindestens 31 Menschen mit in den Tod gerissen. Mehr als 270 Menschen wurden verletzt, darunter auch Deutsche. Der IS bekannte sich zu den Taten.

Die Behörden identifizierten die beiden Brüder Ibrahim und Khalid El Bakraoui als zwei der Selbstmordattentäter. Einer von ihnen soll seinen Sprengsatz am Flughafen gezündet haben, der andere am U-Bahnhof Maelbeek. Der dritte getötete Attentäter war nach Angaben aus Sicherheitskreisen Laachraoui. Seine DNA wurde demnach am Flughafen nachgewiesen. Nach ihm war zuletzt als Komplize des mutmaßlichen Paris-Attentäters Salah Abdeslam gefahndet worden. Der sitzt seit Freitag in belgischer Untersuchungshaft.

Attentäter sollen in Eile gehandelt haben

Es soll noch weitere Querverbindungen zwischen den Bluttaten geben: Khalid El Bakraoui soll nach Informationen des belgischen Senders RTBF in Brüssel eine Wohnung gemietet haben, in der Fingerabdrücke von Abdeslam gefunden worden sein sollen. Und in der Brüsseler Wohnung der Brüder fanden Ermittler nach offiziellen Angaben 15 Kilo derselben Art Sprengstoff TATP, wie er auch in Paris verwendet wurde.

Nach einem weiteren Mann, der ebenfalls auf Überwachungsvideos zu sehen ist, wird weiter gefahndet. Neben ihm könnten noch mehrere weitere Personen mit Verbindungen zu den Anschlägen auf der Flucht sein, sagte Paul Van Tigchelt von der belgischen Abteilung für Terrorabwehr.

Informationen des Staatsanwalts Frédéric Van Leeuw legten nahe, dass die Attentäter in zunehmend panischer Eile gehandelt hätten. Auf einem Laptop, der in einer Mülltonne sichergestellt worden sei, sei eine Botschaft entdeckt worden, die von Ibrahim El Bakraoui stammen soll. „Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich bin in Eile“, las Van Leeuw aus der Nachricht vor. „Wenn ich mich selbst aufgebe, ende ich in einer Zelle neben ihm“, schrieb El Bakraoui demnach in Anlehnung an den mutmaßlichen Drahtzieher Abdeslam.