Steht nicht gern im Vordergrund: Annette Humpe (hier mit Adel Tawil, ihrem Duo-Partner von Ich + Ich) Foto: ddp

NDW-Ikone Annette Humpe feiert am Donnerstag in Berlin Geburtstag. Es ist schon ihr 60.

Berlin - Annette Humpe mag keinen Rummel um ihre Person. Seit 2007 schickt sie bei ihrem Bandprojekt Ich + Ich ihren Partner Adel Tawil sogar allein auf die Bühne. Würde am Freitag nicht ihr Best-of-Album "Zeitgeschichte" erscheinen, ein Geschenk ihrer Plattenfirma Universal Music, würde sie wohl auch keine Interviews zu ihrem 60. Geburtstag geben.

Diesen feiert Humpe an diesem Donnerstag mit rund 130 Gästen in Berlin. Ihre Familie ist dabei, ihre besten Freunde und Menschen, mit denen sie im Laufe der Jahre gearbeitet hat. Auf ihr Leben und ihre Karriere zurückblicken mag sie aber nicht. "Ich sitze nicht zu Hause und lasse mein Leben Revue passieren. Ich bin auf die Gegenwart ausgerichtet", sagt Humpe. Tröstende Sprüche wie "60 ist die neue 40"' will sie nicht hören. "Ich finde, es ist eine schreckliche Zahl." Trotzdem ist die Sängerin guter Dinge. "Es wird schon irgendwas auf mich zukommen. Es ist ja auch zu spät, um jung zu sterben", sagt sie lachend.

Berlin ist Liebe auf den ersten Blick

Mit Berlin fing alles an, zu Mauerzeiten in den 70ern, als Männer vor der Bundeswehr in den Westen der Stadt flohen und David Bowie dort lebte. Für Humpe, die aus Herdecke in der westfälischen Provinz stammt und in Köln Klavier und Komposition studierte, war es ein Kulturschock im besten Sinne. "Berlin war für mich das Allergrößte", sagt sie. "Ich kam am Bahnhof Zoo an, und es war Liebe auf den ersten Blick. Ich dachte: Hier gehe ich nicht mehr weg."

Erste Erfolge hatte sie mit ihrer Schwester Inga und der Band Neonbabies. Der Durchbruch kam 1980 mit Ideal. "Ich fühl' mich gut, wir steh'n auf Berlin!", sang die Gruppe. Mit dem rotzigen, schnellen Lied brachte sie das Lebensgefühl einer ganzen Generation auf den Punkt. Es soll Leute geben, die nur wegen dieses Stücks in die Stadt gezogen sind.

Runter von der Bühne, rein in die Produktion

Wenig später wechselte Humpe ins Produzentenfach und arbeitete mit Bands und Künstlern wie DÖF, Rio Reiser, Udo Lindenberg, Die Prinzen und Nena. Humpe schaffte es, Musik zu produzieren, die einen Nerv traf, aber nicht dem Zeitgeist hinterherhechelte. "Ich pass' nur auf, dass die Gefühle stimmen. Wenn ich eine Zither in einem Stück haben möchte, überlege ich nicht, ob das in ist." Seit 2004 erobert Humpe mit dem Pop-Duo Ich + Ich die Charts. Es ist ihr bislang kommerziell erfolgreichstes Projekt. Derzeit befindet es sich in "kreativer Pause".

Als Produzentin plane sie nicht, mit wem sie mal zusammenarbeiten wolle. "Ich mache keine Liste, ich lasse alles auf mich zukommen. Irgendwie kommt immer im richtigen Moment das neue Projekt auf mich zu. Ich bin da offen und voller Vertrauen, und das wird auch so weitergehen", sagt die Buddhistin. Außerdem habe sie es "satt, immer irgendwas zu wollen". Zuletzt fragte Max Raabe bei Humpe an, und gemeinsam nahmen sie das Album "Küssen kann man nicht alleine" auf.

Nase voll vom Studio

Das nächste Projekt muss nun aber eine Weile warten. Humpe möchte "mal zwei oder drei Monate lang richtig Pause machen und nicht ins Studio gehen". Stattdessen will sie "auf dem Sofa liegen und lesen" und "mal keine Pläne haben". "Es steht an, dass ich mal in den Tag lebe", betont sie. Große Reisen sind dabei nicht angedacht: "Das würde ich sehr gern machen. Aber das geht leider nicht, weil mein Sohn noch zur Schule geht. Und dann lasse ich den nicht zwei Monate lang alleine."

Manchmal denkt Humpe sogar ans Ausbrechen aus der Branche: "Es gibt auch Phasen, in denen mich das Musikgeschäft und das Produzieren erschöpfen, und dann möchte ich etwas Praktisches machen - einen Garten umgraben, auf dem Bauernhof arbeiten, in einer Suppenküche stehen und Suppe austeilen. Dass ich etwas ganz anderes machen möchte, das kommt immer wieder."