Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (rechts) zeigt sich mit dem Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer zufrieden. Foto: dpa

Am Thema Migration wären im vergangenen Jahr fast die Unions-Ehe und die Koalition geplatzt. Nun schlägt CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer härtere Maßnahmen als ihre Vorgängerin Angela Merkel vor - und erntet von der Schwesterpartei promptes Lob.

Berlin - Die CSU hat den Vorstoß von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Schließung der deutschen Grenze als letztes Mittel bei einer möglichen neuen Flüchtlingskrise begrüßt. Dass Kramp-Karrenbauer auch das Thema Grenzschließungen anspreche, nannte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag in Berlin „mutig“. Damit gehe sie über die Diskussionen des vergangenen Jahres hinaus. Zudem hob er hervor, dass die CDU im Papier zu ihrem „Werkstattgespräch“ zur Migration auch von möglichen Zurückweisungen an der Grenze spricht. Kritik gab es von FDP und AfD.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montagabend in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“ auf die Frage nach möglichen Grenzschließungen im Fall einer erneuten Ausnahmesituation wie 2015 erklärt: „Wir haben gesagt, als Ultima Ratio wäre das durchaus auch denkbar. Die CDU-Chefin äußerte sich nach einem „Werkstattgespräch“ ihrer Partei, das die umstrittene Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aufarbeiten sollte. In ihrem Bericht dazu hatte die CDU auch geschrieben, zur Sicherung der Grenze sei eine intelligente Grenzüberwachung „bis hin zu Zurückweisungen“ notwendig. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bezeichnete die Frage zu möglichen Grenzschließungen in Deutschland als hypothetisch. Er sei „sehr zuversichtlich, dass sich diese Frage am Ende des Tages nicht stellen wird“.

Streitpunkt Kanzlerin-Kurs

Der Kurs der Kanzlerin in der Migrations- und Flüchtlingspolitik hatte wiederholt Streit zwischen CDU und CSU verursacht. Im vergangenen Sommer waren beinahe die Unions-Ehe und die Koalition geplatzt, weil Merkel als damalige CDU-Vorsitzende einen deutschen Alleingang an der Grenze ohne europäische Abstimmung noch strikt ausgeschlossen hatte. Hintergrund war die Forderung von Innenminister Horst Seehofer (CSU) gewesen, Migranten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, an der Grenze zurückzuweisen. Eine völlige Schließung der Grenze war zu dem Zeitpunkt noch nicht im Gespräch.

An dem zweitägigen „Werkstattgespräch“ hatten bis Montag etwa 100 Politiker, Experten und Praktiker teilgenommen. Zum Abschluss wurde ein Papier mit Forderungen und Vorschlägen vorgestellt. So soll etwa ein „Migrationsmonitoring“ künftig früh auf „Migrationsbewegungen und entstehende Brennpunkte“ hinweisen. Auch das soll helfen, eine Situation wie 2015 zu verhindern, als Hunderttausende Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist waren.

Plädoyer für Grenzkontrollen

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich am Dienstag zufrieden über Kramp-Karrenbauers Vorstoß. Es müsse konsequente Grenzkontrollen schon an den EU-Außengrenzen geben, um illegale Zuwanderung zu verhindern, sagte er im Deutschlandfunk. Das müsse aber verbunden sein mit der klaren Aussage, „dass notfalls, wenn es nicht anders geht, (...) eben auch hier an den deutschen Grenzen klar gestoppt werden muss.“

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg warf der CDU dagegen „unverbindliche Ankündigungen“ vor. Sie forderte einen nationalen Migrationsgipfel, um über drängende Fragen wie zentrale Ausländerbehörden in den Ländern, mehr Bundeszuständigkeiten bei der Rückführung Ausreisepflichtiger und Investitionen in Integration bei guter Bleibeperspektive zu sprechen.

Kritik von der AfD

Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Deutschen Bundestag, Alice Weidel, bezeichnete das Werkstattgespräch als „Alibi-Verantstaltung“. Die CDU weigere sich, ihre „katastrophale falsche Weichenstellung“ klar zu benennen: „Sie will keinen Politikwechsel, sondern einen Schlussstrich unter die Debatte über ihr Versagen“, sagte Weidel.

Kramp-Karrenbauer hatte das „Werkstattgespräch“ vor ihrer Wahl zur Nachfolgerin Angela Merkels an der CDU-Spitze Anfang Dezember angekündigt. Sie will verhindern, dass der Streit über den Migrationskurs Merkels für die Union zum ähnlich belastenden Trauma wird wie die Hartz-IV-Reformen für die SPD. Der Unionsstreit mit dem damaligen CSU-Chef Seehofer hatte zu einem Absturz der Union in den Umfragen geführt. Merkel nahm an dem „Werkstattgespräch“ nicht teil. So sollte eine offene Diskussion ermöglicht werden.