Szene aus „Outland“ im Theater Rampe Foto: Detlev Schneider

Am Theater Rampe zeigt Anne Habermehls Stück „Outland“, wie Menschen im Optimierungswahn unserer Gesellschaft untergehen.

Stuttgart - Vier Silhouetten krümmen sich im kalten Licht der Scheinwerfer: vier Mal Leben, vier Versuche, vier Mal Scheitern. Wie übrig gebliebene Existenzkrümel stehen die Figuren in Anne Habermehls Autorenstück „Outland“ am Rande des Nervenzusammenbruchs einer überreizten Gesellschaft und schauen mit leerem Blick ins Publikum – jede für sich gescheitert an den Ansprüchen der postmodernen Wohlstandsrealität.

Denn die fordert vor allem eins: Be your best self. Habermehls Charaktere leben in einer Welt des Optimierungswahns, in der von außen so viele Anforderungen auf sie einprasseln, dass sie darunter irgendwann kaum mehr den eigenen Zeigefinger heben können. „Ich kann fühlen“, schreien sie dann mit erschöpften, sich überschlagenden Verzweiflungsstimmen und taumeln auf der leeren Bühne des Theaters Rampe immer wieder gegeneinander. „Ich mag Hunde“ und „Ich habe keine Angst vor dem Tod“.

Habermehls Figuren sind die Ungeliebten und Zaudernden

In vier Episoden dröselt Habermehl das Menschenbündel anschließend auf und lässt jeden einzeln seine Geschichte erzählen: Ein Mädchen mit Asperger-Syndrom, das immer wieder seinen Job verliert und irgendwann nicht mehr weiß, warum sie überhaupt noch Mensch ist. Ein Jugendlicher mit schizophrener Persönlichkeitsstörung, dem die Stimmen in seinem Kopf nahbarer scheinen als die Leute in seiner Umgebung. Eine überdrehte Ärztin, die an der Frage verzweifelt, warum ihr Beruf sie in den Augen aller anderen zu einer Art Hilfsgott macht. Und ein alter Mann, der in retrospektivem Zynismus seine Enkelin vor dem Leben beschützen will.

Alle vier werden dabei nicht nur zu tragisch nahbaren Zweiflern, sondern auch zu Symptomen einer kranken Gesellschaft, die negative Randerscheinungen in ihrem scheinbaren Erfolgstaumel einfach ausblendet. Das Stück wird zum subtilen Mahnmal: Habermehls Figuren sind die Ungeliebten, die Zaudernden. Die, die es nicht geschafft haben. Auf der Bühne ist das teils clever umgesetzt: So dehnt „Outland“ seine oft performativ geprägten Szenen beispielsweise so lange aus, bis die bedrückenden Bilder zu einer so unangenehmen Dauerbelastung werden, dass man als Zuschauer am liebsten wegschauen und sich die Ohren zuhalten würde. Macht man ja schließlich so in dieser Gesellschaft. Oder?