Die britische Sängerin Anne Clark Foto: Sony

„Enough“ heißt das aktuelle Live-Album der britischen Sängerin Anne Clark, „Enough“ heißt die Tour, die Clark an diesem Mittwoch in den Mozartsaal der Liederhalle Stuttgart führt.

Stuttgart - Künstlerische Konsequenz kann die Gefahr des Nischenhaften bergen, das ewig bekannte „Ach ja, die, ach ja, der“ provozieren. Die britische Sängerin Anne Clark hat manche dieser Nischen ausgefüllt und hinter sich gelassen. „Enough“ heißt ihr aktuelles Album, aufgenommen in Zürich im Mai 2012. „Aktuell“ ist damit auch nur ein Wort für Anne Clark. „Enough“ – genug – kommt schon in der Aufmachung betont zurückhaltend daher.

Grande Dame des Elektropop? Wave-Schrittmacherin? Impulsgeberin der Performance-Szene? „Enough“ geht in allem einen, zuweilen auch gleich mehrere Schritte zurück. Und Clark gewinnt. Genug ist ja wie immer ihre Stimme, genug ist der Dialog mit Murat Parlak, wiederholt schon für das Staatstheater Stuttgart tätig, am Klavier.

„If“ heißt eines von Clarks intensivsten Wortliedern. Wenn. „Imagine, if“ – „Stell dir vor, wenn“. Worte werden Bilder bei Anne Clark. „Durch diese Stadt-Albträume gingst du mit mir“, heißt es in „Our Darkness“, „und wir sprachen darüber, in dem Glauben, dass uns nichts auseinanderreißen würde.“

Zu dunkel? Die Gefahr ist da. Zu verklärt? Auch diese Gefahr gibt es. „Es ist kein Platz für Ideale an diesem mechanischen Ort“, heißt es weiter in „Our Darkness“ – „und nun bist du fort“. Parlaks Spiel hält dagegen, metallisch klar und immer wieder mit jenem eigentümlichen Eigentempo, in dem das Wort von den perlenden Tönen nicht mehr nur klischeehaft wirkt.

„Enough“ ist ein Album für das dritte, vierte Hören. Gestützt auf die Clark-Klassiker wie „Sleeper In Metropolis“ oder „The Heardest Heart“. An diesem Mittwochabend aber dürfte anderes noch stärker wirken, nachwirken. Das wunderbar leichte „Elegy For A Lost Summer“ oder das fast greifbare Szenario „Mundeley Beach“.

Die harten Elektro-Klänge werden Clark-Kenner vielleicht vermissen, doch in den konzentrierten Neufassungen für Klavier und Cello (Jann Michael Engel) gewinnen die Lieder zugleich. Das mitunter hektische Beweinen dieser oder jener Situation weicht hier einer Vergewisserung – und so wird etwa das an diesem Abend hoffentlich zu hörende „So Quiet Here“ folgerichtig mit zu den Höhepunkten zählen.

Wird es noch ein Konzert? Schon eine Lese-Performance? Nur ein Rückblick oder doch ein (weiterer) Neubeginn für die jetzt 54-jährige Anne Clark? Das lässt sich nur vor Ort erfahren – es gibt noch Karten an der Abendkasse.