In Deutschland warten mehr als 10.000 Menschen auf Spenderorgane. Foto: dpa-tmn

Wer Organe spenden will, muss dies bislang aktiv eintragen lassen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den umgekehrten Weg einführen. Eine Alternative zu dem radikalen Schritt gibt es nun von einer arteiübergreifende Parlamentariergruppe.

Berlin - Im Bundestag hat sich eine parteiübergreifende Parlamentariergruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und den CSU-Politiker Stefan Pilsinger auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Neuregelung der Organspende geeinigt. Danach sollen sich die Bürger alle zehn Jahre bei der Ausgabe des Personalausweises zu ihrer Organspendebereitschaft äußern, wie Baerbocks Büro am Dienstag in Berlin bestätigte. Über die Einigung hatten zunächst die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) berichtet. Ein Gesetzentwurf soll im Februar vorliegen.

Mit der wiederkehrenden Befragung zur Organspendebereitschaft legt die Gruppe einen Alternativvorschlag vor zur Widerspruchslösung, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach favorisieren. Danach würde jeder Bürger automatisch Organspender, der nicht widerspricht. Bisher gilt in Deutschland die umgekehrte Regelung.

Widerspruchsregelung problematisch

Baerbock erklärte, „dass jeder automatisch zum Spender wird, wenn er nicht widerspricht, ist rechtlich problematisch. Es greift zudem die Würde jedes Einzelnen an.“ Klar sei aber auch, dass gehandelt werden müsse. Noch immer stürben Menschen auf der Warteliste.

Dem Vorschlag von Baerbock und Pilsinger zufolge sollen die Bürger bei der Pass-Beantragung ausführliche und unabhängige Informationen über Organspenden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ausgehändigt bekommen. Sie können sich persönlich von der BZgA beraten lassen oder ihren Hausarzt befragen.

Detaillierte Befragung

Bei der Ausweisabholung muss sich jeder entscheiden, ob und welche Organe er oder sie spenden will, ob er kein Spender sein will oder ob er sich aktuell nicht entscheiden will. Geklärt werden soll dann auch, wer im Unglücksfall entscheiden soll. Die Gruppe macht auch Vorschläge, wie die Beratungsgespräche abzurechnen sind und die Krankenhäuser Zugriff auf die nötigen Informationen erhalten.

Die Gruppe geht gegenwärtig davon aus, dass sie mehr Abgeordnete hinter sich hat als Spahn und Lauterbach für die Widerspruchslösung. Nach Informationen der Funke-Zeitungen zählen unter anderen die früheren Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Ulla Schmidt (SPD) sowie die Parteichefin der Linken, Katja Kipping, zu den Unterstützern.

Entscheidung immer widerrufbar

Pilsinger sagte den Funke-Zeitungen, es müsse auch möglich sein, seine Entscheidung jederzeit ändern zu können. Er sei zuversichtlich, dass der Vorschlag auf große Resonanz stoße. je mehr abgeordnete sich damit befassten, umso größer werde die Zustimmung.

Der Bundestag hatte sich Ende November in einer Orientierungsdebatte erstmals mit der Neuregelung der Organspende befasst. Angestoßen worden war sie durch Spahns Forderung nach einer Widerspruchslösung. In Deutschland warten mehr als 10.000 Menschen auf Spenderorgane. Die Zahl der Organspenden hatte mit knapp 800 im vorigen Jahr einen neuen Tiefstand erreicht.