Anna Netrebko singt gerade in der Arena di Verona die Hauptrolle in „Aida“. Foto: dpa//Gindl

Das Konzertverbot für Anna Netrebko auf dem Stuttgarter Schlossplatz zieht weite Kreise: Ein Privatbürger erstattet Anzeige gegen den Finanzminister.

Noch immer wartet Christian Doll, der Geschäftsführer von C2 Concerts, auf Post aus dem Finanzministerium. Bisher hat der Veranstalter nur telefonisch und aus der Zeitung erfahren, dass er sein geplantes Konzert mit Opernstar Anna Netrebko am 3. September auf dem Schlossplatz absagen muss. Ohne schriftliche Begründung des Landes, sagt Doll, könne er nicht die weiteren Schritte beschließen. Für die Verzögerung der schriftlichen Mitteilung über den Beschluss des Landes hat sich Sebastian Engelmann, der Sprecher von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne), gegenüber unserer Zeitung entschuldigt. Die Behörde Vermögen und Bau Stuttgart habe gerade einen Personalengpass, dies sei der Grund. Inzwischen sei der Brief mit der Aufforderung, das Konzert abzusagen, weil sich die Sängerin nicht vom russischen Präsidenten Putin distanziere, unterwegs an C2 Concerts.

„Der Sängerin wird eine Rückkehr in ihre Heimat faktisch verwehrt“

Unterdessen ist bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Strafanzeige gegen den Finanzminister „wegen Nötigung der russischen Opernsängerin nach Paragraf 240 StGB“ eingegangen. Ein privater Blogger aus Bayern hat sich nach der Lektüre unserer Zeitung an die Ermittlungsbehörde gewandt. Dem grünen Politiker wirft er vor, gegen die „verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit“ zu verstoßen. Niemand dürfe gezwungen werden, eine bestimmte Meinung zu äußern, schreibt der Erstatter der Strafanzeige weiter und stellt fest: „In allen anderen Auftrittsorten der Sängerin wird dieses Grundrecht respektiert.“ Für „besonders verwerflich“ hält er die Entscheidung des Finanzministers, „weil die Sängerin Russin ist und ihr eine Rückkehr in ihre Heimat faktisch verwehrt wäre, wenn sie sich nicht nur gegen den Ukrainekrieg aussprechen würde, was sie bereits getan hat, sondern gar noch gegen Präsident Putin persönlich“. Nachträgliche Auflagen, die das Land verhängen wolle, seien ein „Vertragsbruch seitens des Finanzministeriums“, argumentiert der Blogger, der das Verhalten von Danyal Bayaz als „Nötigung“ einstuft.

Zum Vorwurf der Nötigung erklärt Sebastian Engelmann, der Sprecher des Finanzministerium, am Montag auf unsere Anfrage, dass er nichts erklärt: „Diese Strafanzeige kommentieren wir nicht.“

Shitstorm gegen Anna Netrebko nach Auftritt in Verona

Unterdessen ist Anna Netrebko nach einem Auftritt in der Arena von Verona Ziel eines Shitstorms geworden. Sie habe unter Alkoholeinfluss russischsprachige Fans als „verdammte Drecksäcke“ bezeichnet. Dies löste, berichtet der Bayrischen Rundfunk, ein gewaltiges Echo in Russland aus, zumal die Sängerin angekündigt habe, in den „nächsten fünf Jahren“ nicht mehr in Russland auftreten zu wollen. Hämisch sei darauf hingewiesen worden, dass ein Gastspiel der Sängerin in Stuttgart abgesagt worden sei, obwohl sie sich vom Krieg distanziert habe.