Zwei Angebote von Investoren liegen den Anleihegläubigern zur Entscheidung vor, den Gewa-Tower in Fellbach fertigzubauen. Foto: Patricia Sigerist

Beim Gewa-Tower stehen die Zeichen auf Weiterbau. Zwei Angebote von Investoren, den unfertigen und mit einem Baustopp belegten Turm in Fellbach zu übernehmen und zu Ende zu bauen, liegen dem vorläufigen Insolvenzverwalter vor. Die Anleihegläubiger beschließen in einer Versammlung am 25. April.

Fellbach - Die Chance, dass Deutschlands dritthöchstes Wohnhaus tatsächlich noch fertig gebaut wird, ist deutlich gestiegen: Der Treuhänder für die Gläubiger, die Steuerberatungsgesellschaft Rödl, hat die seit Jahresende erwartete Versammlung der Anleihegläubiger auf 25. April nach Fellbach eingeladen. Die entscheidenden Beschlüsse, wie die Auswahl eines Investors zur Übernahme des Projekts, stehen dabei auf der Tagesordnung.

Überraschend werden den Anleihegläubigern in der nun terminierten Versammlung um 13 Uhr in der Schwabenlandhalle in Fellbach gleich zwei Lösungsvorschläge für den unfertigen und vom Baustopp betroffenen Gewa-Tower präsentiert. Die Gläubiger müssen also nicht – womöglich zähneknirschend – ein einziges Übernahmeangebot akzeptieren. Das Angebot, das ihnen günstiger erscheint, um den im Rohbau stehenden 107 Meter hohen Turm zu übernehmen und fertig zu bauen, können sie auswählen. Die Rödl Treuhand Hamburg GmbH Steuerberatungsgesellschaft, die für die Anleihe als Treuhänder und Vertreter der Gläubiger bei der Ausgabe der Anleihe bereits festgelegt worden ist, teilt in einem Einladungsschreiben zur Anleihegläubigerversammlung mit, „dass die Gespräche und Verhandlungen mit den Investoren und dem Generalunternehmer soweit abgeschlossen sind und uns zwei Angebote zur Übernahme des Gewa-Projekts vorliegen“.“

Der vorläufige Insolvenzverwalter in Projektgesellschaft, der Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG, Ilkin Bananyarli von der Kanzlei Pluta Rechtsanwälte in Stuttgart, wird die beiden Absichtserklärungen am Dienstag, 25. April, in der Schwabenlandhalle den Anleihegläubigern vorstellen. Die Rödl Treuhand stellt sich zu beiden Übernahmeangeboten – Bananyarli spricht jeweils von einem „Letter of intent“ – neutral und spricht daher keine Empfehlung aus. Bewertet werden sie durch den als Sachverständigen auftretenden Architekten Jörg Wolf, der den schlanken Entwurf mit seiner auskragenden Architektur geschaffen hat. Er ist seit dem Baubeginn nicht mehr am Projekt beteiligt gewesen, da die Generalunternehmer-Firma Baresel GmbH die Detailplanung selbst veranlasste.

Beschlüsse zur Verwertung des Towers stehen auf der Tagesordnung

Ausdrücklich stellt die Rödl Treuhand den Anleihegläubigern die wichtigsten Entscheidungen im ganzen Insolvenzverfahren zur Abstimmung. Unter dem Tagesordnungspunkt „Beschlussfassung“ steht die Ermächtigung der Rödl Treuhand, den Tower gemäß einem der beiden Angebote zu verwerten. Auch eine Verwertungsvereinbarung zwischen der Rödl Treuhand und dem vorläufigen Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli ist ausgearbeitet worden. Die Treuhändergesellschaft empfiehlt die Annahme mit dem Hinweis, dass „es sich um eine angemessene und übliche Vergütung handelt, mit der alle Verfahrenskosten gedeckt sind“.

Von einer großen Gruppe der Geldanleger, die in die Gewa-Anleihe investiert haben, war zuletzt geplant gewesen, den Düsseldorfer Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen bei dieser Versammlung zum Vertreter aller Anleihegläubiger wählen zu lassen. Dieser Tagesordnungspunkt erscheint aber nicht in der Einladung.

Das dritthöchste Wohnhaus in Fellbach leidet unter Zahlungsschwierigkeiten

Die Gewa 5 to 1 GmbH & Co. KG hatte in Fellbach auf 34 Etagen 66 exklusive Wohnungen mit fantastischer Aussicht in das Remstal errichten wollen. Am Fuß des Towers ist ein Business-Hotel mit 123 Zimmern im Bau, das schon an einen privaten Investor verkauft worden ist. Der Verkaufserlös fließt vertragsgemäß aber erst, wenn das Hotel fertig gestellt ist. Die Investition für die Wohnungen und das Hotel wurde bei Baubeginn auf 61,5 Millionen Euro beziffert.

Zur Finanzierung des Bauprojekts hatte die Projektgesellschaft eine erstrangig besicherte Unternehmensanleihe mit einem Volumen von bis zu 35 Millionen Euro, einem Festzins von 6,5 Prozent, einer Laufzeit von vier Jahren und einem BBB Investment Grade Rating von Creditreform begeben. Seit dem 11. November war das Objekt allerdings infrage gestellt: Wegen Zahlungsschwierigkeiten der Gewa verhängte der Generalunternehmer, die Baresel GmbH, einen Baustopp. Nachdem sich die Finanzierungsschwierigkeiten nicht beheben ließen und die Gewa und der Bauträger sich nicht einigten, kündigte die Projektgesellschaft schon eine Woche später einen Insolvenzantrag an, der am Montag, 21. November, beim Amtsgericht Esslingen auch gestellt wurde. Das Gericht setzte den Rechtsanwalt und Insolvenzspezialisten Ilkin Bananyarli kurz danach als vorläufigen Insolvenzverwalter ein.

Der schleppende Verkauf, vor allem der teuren Wohnungen in den oberen Geschossen, hat die Finanzklemme verursacht. Nach der jüngsten Verkaufsübersicht zum 1. April sind zwar 44 der 66 Eigentumswohnungen verkauft, aber bis auf eine sind dies die günstigeren Einheiten in den unteren Geschossen. Die teuren, exklusiv ausgestatteten Wohnungen der 22. bis 34. Etage fanden keine Liebhaber. Das einzige verkaufte Apartment in dieser Preislage hat einen Erlös von 7800 Euro pro Quadratmeter erzielt. Nur Wohnungen für 900 000 Euro und mehr sind noch zu erwerben.

Versammlung der Anleihegläubiger unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Auf der entscheidenden Versammlung sind nur Anleihegläubiger und deren Vertreter zur Teilnahme berechtigt. Sie müssen sich durch einen sogenannten Sperrvermerk von ihrem Finanzinstitut den Besitz des Wertpapiers bescheinigen lassen und dürfen dann die Anteile bis zum 25. April nicht mehr verkaufen. Alle Teilnehmer müssen sich am Eingang zu der Versammlung ausweisen.