Dunkel und abgelegen – so wirkt der Bahnhof von Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg). Besonders Frauen fühlen sich dort abends unsicher.
Es ist ein normaler Montag gegen 19 Uhr. Nur wenige Menschen halten sich am Vaihinger Bahnhof auf. Es ist dunkel, vereinzelt trudelt ein Bus am vorgelagerten Busbahnhof ein. Das Szenerie fernab des Stadtzentrums wirkt gespenstisch. Viele Frauen fühlen sich in dieser Umgebung offenbar nicht sicher, zumal Angriffe an Bahnhöfen zuletzt immer wieder in den Schlagzeilen standen. Aber ist der Vaihinger Bahnhof wirklich unsicher?
Die Vaihinger CDU fordert ein Konzept. Sie moniert die Aufenthaltsqualität insgesamt. „Sie wird durch unzureichende Sauberkeit, Beleuchtung und unangenehme Gerüche beeinträchtigt“, schreibt die Fraktion an die Verwaltung. Busse fahren wochentags von 19.30 Uhr an nicht mehr in die Stadtteile ab. Bäckerei und Café seien abends auch geschlossen. „Es ist gruselig“, sagt die CDU-Stadtverbandsvorsitzende Annkatrin Gittinger, die viel mit Bus und Bahn unterwegs ist und von Bürgerinnen gehört hat, die sich in den Abendstunden nicht mehr an den Bahnhof trauen.
Anders als in Städten wie Ludwigsburg oder Bietigheim-Bissingen, in denen der Bahnhof zentral liegt, fehle eine Sozialkontrolle durch viele andere anwesende Menschen. Es gebe auch keine Taxis, in die Frauen schnell einsteigen könnten, argumentiert Gittinger, die auch gerne sähe, wenn mehr Pendler den ÖPNV benutzten, dies aber wegen des fehlenden Sicherheitsgefühls nicht tun.
An konkreten Ideen mangelt es den Vaihinger Christdemokraten nicht. Sie orientieren sich am Bahnhof von Ludwigsburg. Dort arbeite man mit Musik und Licht, was das Sicherheitsgefühl verstärke. Auch Videokameras könnten laut der CDU abschreckend auf Täter wirken, doch dem Einsatz stehen rechtliche Gründe entgegen. „Wir bräuchten einen Kriminalitätsschwerpunkt – den haben wir zum Glück nicht“, sagte Florian Volz, Ordnungsamtsleiter, den Stadträten in einer Sitzung des Verwaltungsausschusses. Er wolle aber die Ludwigsburger Konzeption auswerten.
Im Jahr 2023 gab es vier Raube oder räuberische Erpressungen
Ein Blick in die Statistik der Jahre 2020 bis 2023 zeigt: Am Vaihinger Bahnhof haben sich relativ wenig Straftaten ereignet – die Zahlen liegen zwischen 10 und zuletzt 65 – aber in der Liste tauchen in 2023 allein 20 Verstöße gegen ein Markenrecht auf, wenn etwa jemand unerlaubt T-Shirt-Plagiate verkauft. Auch die neun Cannabis-Fälle relativierten sich durch die Legalisierung, so Volz. Aber es gab im Jahr 2023 auch vier Raube oder räuberische Erpressungen: einen Fall mehr als in den drei Jahren vorher zusammen.
Personal könne die Vaihinger Verwaltung nicht am Bahnhof einsetzen, um die eigentlich zuständige, aber ferne Bundespolizei in Stuttgart zu entlasten, erklärte der Ordnungsamtsleiter. Die vier Bediensteten des Gemeindevollzugs seien mit anderen Aufgaben bereits ausgelastet. „Sie sind dafür auch nicht ausgebildet.“ In anderen Kommunen übernähme ein kommunaler Ordnungsdienst solche Streifen, die unter anderem mit Reizgas, Einsatzstock und Handschellen arbeiteten. Vaihingen wolle einen solchen Dienst – mit höheren Löhnen als der Vollzugsdienst – nicht einführen.
Gastronomie könnte für mehr Sicherheit am Bahnhof sorgen
Ein weiterer Faktor für mehr Sicherheit könnte die derzeit ungenutzte Wartehalle sein. Ein privater Investor strebe einen Kulturbahnhof „mit Musik, Kultur, Comedy und Disco“ an. Es habe im Dezember einen ersten Ortstermin gegeben. DB, Landesdenkmalamt und Stadt waren sich laut Volz einig, das Projekt zu unterstützen. Auch werde in absehbarer Zeit die Gastronomie der „Drehscheibe“ wieder öffnen.
Der Bahnhof soll weiter regelmäßig von Bundespolizei und der Polizei in Vaihingen bestreift werden. Mehr Besucherfrequenz erhofft sich die Verwaltung durch das frisch entwickelte Gewerbegebiet Fuchsloch III und den Neubau des Polizeireviers in der Nähe. Das neue Revier soll 2030 fertig sein.