Prachtexemplar: Matze Koch präsentiert einen gut einen Meter langen Hecht. Der Raubfisch ist in Deutschland bei Anglern sehr beliebt. Foto: Matze Koch

Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Matze Koch aus Ostfriesland ist einer der bekanntesten Angler Deutschlands und verdient sein Geld damit, dass er übers Angeln schreibt und Filme dreht.

Stuttgart – - Sie gelten als Deutschlands bekanntester Angler. Wie kam es dazu?
Das frage ich mich selbst. Ich bin weder der beste Angler, wie manchmal behauptet wird, noch habe ich diesen Status angestrebt. Bekannt wurde ich durchs Schreiben, aber es war die reine Lust daran, die mich trieb. Ich wollte meine Erfahrungen festhalten, baute mein Angeltagebuch in Artikel mit Lesernutzen um und veröffentlichte sie in „Fisch&Fang“, Deutschlands größtem Angelmagazin. Das kam an. Warum auch immer. Vielleicht weil ich natürlich geblieben bin – und ehrlich. Ich stehe zu Pannen und Fehlschlägen. Da erkennen sich die Leser wieder. Die Bekanntheit hat aber sicher auch damit zu tun, dass das Magazin vor zwölf Jahren erstmals eine DVD mit Angelfilmen beilegte, die ich gedreht hatte. Ein Outdoor-Hobby wie Angeln kann man filmerisch natürlich viel besser vermitteln. Heute kennen mich viele durch meine Youtube-Serie „Matzes Mätzchen“.
Sie unterscheiden in echte Angler und Lebensabschnittsangler. Letztere, sagen Sie, haben sich nie gefragt, um was es beim Angeln geht. Um was geht es denn?
„Schon was gefangen?“ lautet die häufigste Frage. Genau darum geht es aber nicht. Es geht um das Verschmelzen mit der Natur. Hört sich kitschig an, nicht wahr? Aber der Eisvogel, der vor meinen Füßen landet, das Gewitter, das mich überrascht, die Ratte, die unter meinen Beinen hindurch rennt – darum geht es. Wer wie ein Berufsfischer in Fangmengen denkt, ist in meinen Augen kein wirklicher Angler. Angeln ist Erleben, eines der letzten Abenteuer. Einen echten Angler erschreckt die Feststellung, dass jedes zweite deutsche Kind noch nie auf einen Baum geklettert ist, denn für Angler ist es selbstverständlich auf Bäume zu klettern, um eine andere Sicht aufs Gewässer zu bekommen.
Was zeichnet einen guten Angler Ihrer Meinung nach aus?
Er sollte ohne überzogene Erwartungen bei jedem Wetter ans Wasser fahren und sich in der Natur als Gast verhalten. Er sollte Respekt gegenüber der Kreatur zeigen und dem Kollegen den Fang gönnen. Na, ja – und natürlich sollte er auch regelmäßig gut fangen, ohne es erzwingen zu wollen. Ein guter Angler hat aber auch ein gutes Gefühl im Bauch, wenn er ohne einen Fang nach Hause fährt.
Wo angeln Sie am liebsten?
In meiner Heimat Ostfriesland, insbesondere in den Kanälen, die sich durch die Weite schlängeln. Abseits vom Trubel. Wo ich bis zum Horizont sehen kann. Ich fahre bewusst nicht an Gewässer, die für Riesenfische bekannt sind, sondern an dahin, wo ich der Natur näher bin. Dafür bin ich im richtigen Landesteil geboren: Ostfriesland ist wasserreich, sowohl von oben, als auch von unten.
Wie angeln Sie am liebsten?
Per Ansitz, sprich klassisch. Landläufig würde man so den „faulen Angler“ bezeichnen. Man legt einen Köder aus, sitzt und wartet. Man ist nicht so aktiv, wie der Spinnfischer, der künstliche Köder durchs Wasser zieht und dabei viel in Bewegung ist. Man genießt. Übrigens auch bei Nacht und bei Frost und Wind.
Welches ist ihr schönstes Angel-Erlebnis?
Da fallen mir viele ein, ich könnte ein Buch darüber schreiben. Eines meiner faszinierendsten Erlebnisse fand aber in einer engen Gasse aus hohen Schilfwänden statt. Wir lagen mit dem Boot darin und angelten auf Aal. Plötzlich kam ein unfassbar großer Schwarm Stare geflogen, der im Schilf übernachten wollte. Von einem Moment auf den anderen waren die mächtigen Schilfwände verschwunden, und der Blick in die Weite war frei. So sehr drückte der Monsterschwarm den Uferbewuchs hinunter. Ein unglaublicher Moment. Bewegend fand ich auch die Begegnung mit einer Ratte, die sich vor meinem Eimer auf die Hinterbeine stellte, mich ansah und höflich zu fragen schien, ob es mir etwas ausmacht, wenn sie sich einige meiner Maiskörner stibitzt. Nie vergessen werde ich auch ein Megagewitter, das ich mit meiner Frau im Wasser liegend erlebte.
Sie erwähnen Ihre Frau. Warum gibt es nur wenige Anglerinnen?
Würmer und Maden auf Haken zu spießen, ist nicht jedermanns Sache. Doch heute angeln viele mit Ködern aus Gummi oder Kunststoff . Man nennt das „saubere Angelei“. Seitdem begeistern sich zunehmend auch Frauen für dieses facettenreiche Hobby. Frauen fangen übrigens oft besser, denn sie handeln intuitiver. Auch meine Frau zeigt mir oft anschaulich, wie mein Beruf funktioniert. Gelernt hat sie das Angeln übrigens bei mir. Bei unserem ersten romantischen Treffen ging’s zum Angeln.
Sie sind Profi-Angler. Wodurch unterscheidet sich der Profi vom Hobby-Angler?
Anglerisch eigentlich gar nicht. Es ist noch nicht einmal so, dass man als Profi mehr Zeit am Wasser verbringt. Das Gros der Arbeit findet am Computer statt. Bücher schreiben sich nicht am Wasser. Und die Aufarbeitung des Filmmaterials kostet viel mehr Zeit, als der Dreh. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass man offenere Augen am Wasser hat, weil man alles in Film und Print transportieren möchte und unter Erfolgsdruck steht. Das kann so weit gehen, dass ich einen Angelplatz nicht nach Fangmöglichkeiten wähle, sondern nach dem besseren Licht.
Ich habe noch nie geangelt, möchte es aber gern mal probieren. Was raten Sie mir?
Los geht’s! Worauf warten Sie? Der Rat sollte hoffentlich genügen. Problematisch ist in Deutschland leider die Rechtslage. Denn angeln darf man nur mit Schein. Und wer will schon den Schein machen, ohne zu wissen, ob ihm das Angeln Freude macht.