Der Württembergische Anglerverein in Stuttgart hilft den Fischen im Max-Eyth-See beim Aufwachsen. Das Tannengeäst soll den Fischen Verstecke vor Fressfeinden bieten wie beispielsweise dem Kormoran.
Stuttgart - Es sieht aus wie eine Christbaumsammelstelle: Bäume über Bäume lagern derzeit am Max-Eyth-See. Doch diese Nadelbäume landen nicht wie all die anderen auf dem Kompost, sondern auf dem Grund des Sees.
„Der Max-Eyth-See hat eine völlig monotone Struktur: glatter Grund wie eine Autobahn, steil abfallende Ufer fast wie in einem Schwimmbad, kein Stein, keine Pflanze, eine trostlose Struktur“, beschreibt Hans-Hermann Schock den Zustand der ehemaligen Kiesgrube, die erstmals 1935 im Zuge der Kanalisierung des Neckars vollgelaufen ist. Heute ist der See durch einen Damm vom Neckar getrennt.
Fischen fehlt Sauerstoff
Fehlender Wasseraustausch, Krauses Laichkraut und Blaualgen führen zu Sauerstoffmangel und beeinträchtigen die Wasserqualität im Sommer immer wieder aufs Neue. Im September 2019 sind deshalb rund 50 000 Fische verendet. „Der desolate Fischbestand muss sich wieder regenerieren, da hilft die jetzige Unterwasserwüste nicht wirklich“, sagt Schock, der Vorstand des Württembergischen Anglervereins in Stuttgart.
Circa 100 ausgemusterte Christbäume liefert der Stuttgarter Abfallwirtschaftsbetrieb dem Anglerverein an und führt sie so ihrem hilfreichen Einsatz unter Wasser zu. Schock versichert: „Wir suchen alle Bäume sorgfältig nach Schmuckresten ab, dann binden wir an jeden Baum mit Sisalschnur Knochensteine, die die Bäume unter Wasser halten. Wenn die Schnur verrottet ist, sind die Bäume schon so mit Wasser vollgesogen, dass sie ohne Beschwerung unter Wasser bleiben.“
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Deckung im Geäst
Die Vorbereitungen dauern ihre Zeit, so dass die meisten Nadeln schon abgefallen sein sollten, wenn die Christbäume im Februar ufernah im See versenkt werden. An die leeren Zweige und Äste können die Fische den Laich anhaften.
Sobald die Brut schlüpft, kann sie sich in dem Gestrüpp vor Fressfeinden verstecken. Größere Fische sollen am unteren Ende der Bäume, wo die Lücken zwischen dem Geäst größer sind, ebenfalls Verstecke vor den Kormoranen und Gänsesägern finden. „Außerdem jagen Kormorane nicht gern in Ufernähe“, sagt Schock.
Wichtige Bewaldung des Grunds
Das Verfahren ist mit dem Fischereisachverständigen des Regierungspräsidiums Stuttgart und dem Limnologen der Stadt abgestimmt. Die Biomasse der Bäume beeinträchtige die Sauerstoffsättigung des Sees nicht messbar: „Die verrotten langsam, innerhalb von zehn, 15 Jahren, im Gegensatz zu den Algen, die beim Absterben dem See den kompletten Sauerstoff entziehen.“ Deshalb muss die Bewaldung des Seegrunds in einigen Jahren wiederholt werden.
Stadt soll Gänse jagen
Ob das schützende Geäst, die Sauerstoff- und Frischwasserzufuhr auf Dauer den Bestand der Rotaugen und Rotfedern, Giebel und anderer Weißfische regenerieren und erhalten kann, bleibt abzuwarten. Die Blaualgen im See – keine Algen, sondern Bakterien – seien kaum loszuwerden.
Sie sterben im Spätsommer schlagartig ab und setzen Gift frei. „Das könnte man verhindern, indem man die Million Nilgänse am Max-Eyth-See reduziert auf 20 Gänse“, meint Hans-Hermann Schock. Doch die Stadt habe gegen diese invasive Art „entgegen ihres Auftrags von der EU, sie zu bekämpfen“, nichts unternommen, „da wechselt die Verantwortlichkeit von einer Abteilung in die andere“.