Am Landgericht Heilbronn wird seit dieser Woche gegen einen 29-Jährigen verhandelt, der seine Frau mehrfach zum Sex gezwungen haben soll. Foto: dpa/Lino Mirgeler

Ein 29-Jähriger soll seine Partnerin mindestens fünf Mal vergewaltigt oder sexuell misshandelt haben. Deswegen und wegen weiterer Taten, steht der Mann nun vor Gericht. Ein Urteil wird voraussichtlich erst im Juni fallen.

Asperg/Tamm/Heilbronn - Für die Frau müssen es Tage voller Angst, Verzweiflung und einem Gefühl der Hilflosigkeit gewesen sein. Über dreieinhalb Monate lang soll ihr Ehemann sie im vergangenen Jahr in Asperg beziehungsweise Tamm (Kreis Ludwigsburg) mehrfach vergewaltigt, geschlagen und bedroht haben. Anfang Juli schließlich fasste sich die Frau ein Herz und ging zur Polizei.

Gegen den 29-Jährigen, mit dem sie immer noch verheiratet ist, wird nun vor dem Landgericht Heilbronn verhandelt. Die Vorwürfe, die dem Mann zu Last gelegt werden, wiegen schwer. Insgesamt neun Punkte umfasst die Anklageschrift. Fast 20 Minuten benötigte die Staatsanwältin, um die einzelnen Taten des gelernten Dachdeckers aufzulisten. Am Ende sackte sie erschöpft in ihrem Stuhl zusammen. Das Opfer wollte es sich wohl ersparen, das Erlebte noch einmal rekapitulieren zu müssen. Zur Verlesung der Anklageschrift erschien die Frau nicht.

Zur Abtreibung gezwungen?

Am 24. März 2019 soll der Angeklagte seine Ehefrau das erste Mal in der gemeinsamen Wohnung in Asperg zum Sex gezwungen haben. Der 29-Jährige vollzog den Geschlechtsverkehr, obwohl die Frau mehrfach „Geh weg von mir“ gesagt haben soll. Vergewaltigung in der Ehe ist in Deutschland offiziell erst seit dem Jahr 1997 eine Straftat. Damals wurde das Merkmal „außerehelich“ aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, seitdem ist auch eine eheliche Vergewaltigung strafbar. Davor hatte der Trauschein gewissermaßen als Freibrief fungiert.

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Anfang April überraschte die Frau ihren Mann mit einem positiven Schwangerschaftstest. Die Frau freute sich über das Kind und soll sogar vor Glück geweint haben. Ihr Ehemann teilte die Freude nicht. Im Gegenteil: Er forderte vehement von seiner Partnerin, das Kind abzutreiben. „Wenn nicht, schneide ich dir die Kehle durch“, drohte der 29-Jährige. Aus Angst willigte die Frau ein, das Paar ging gemeinsam zu einem Arzt, der eine Abtreibungstablette verschrieb. Vereinbart wurde, dass die Frau sie am 1. Mai einnimmt. Als sie das an dem Tag nicht sofort erledigte, zwang sie ihr Mann dazu. Er steckte ihr die Tablette gewaltsam in den Mund. Weil der Angeklagte gewaltbereit gewesen sei, habe die Frau die Tablette heruntergeschluckt, so die Staatsanwältin. In den folgenden Tagen nahm das Opfer zwei weitere Tabletten – allerdings ohne Zutun ihres Mannes – und trieb das Kind ab.

Der Angeklagte, der aus dem Kosovo stammt und am ersten Prozesstag völlig regungslos den Übersetzungen seines Dolmetschers lauschte, soll seine Frau nicht nur vergewaltigt haben, scheinbar sah er ihr Eigentum auch als das seine an.

Opfer wird immer noch betreut

Mitte Mai soll er seine Frau in den Keller geschleift haben, ihr eine Decke über den Kopf gezogen und auf sie eingetreten haben. Die Frau hatte ihm 100 Euro, die sie von ihrem Onkel aus Österreich bekommen hatte, nicht geben wollen. In den beiden darauffolgenden Tagen zwang der Angeklagte seine Partnerin zum Sex. Um ihr zusätzlich Angst zu machen, hatte er ein Cuttermesser unter einem Kopfkissen platziert. Bis Ende Juni misshandelte der 29-Jährige seine Partnerin – die beiden waren inzwischen nach Tamm umgezogen – zwei weitere Male. Die letzte Tat ereignete sich am 8. Juli, wieder beschimpfte der Dachdecker seine Frau aufs Übelste, wieder drohte er ihr mit dem Tod, wieder schlug er sie.

Anschließend meldete sich das Opfer bei der Polizei. Festgenommen wurde der Mann allerdings erst Ende Oktober. Seitdem sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall in Untersuchungshaft.

Seine Ehefrau wird nach wie vor in einem Krankenhaus in Ingolstadt psychiatrisch betreut. Das Gericht will ein weiteres psychologisches Gutachten erstellen lassen. Die Expertin soll auch klären, ob das Opfer eventuell in seiner Aussagefähigkeit eingeschränkt ist. Bis Ende Juni sind fünf weitere Verhandlungstermine angesetzt, der Angeklagte hat angekündigt, sich zu den Vorwürfen zu äußern.