Die Preise für ein Tagesticket in Ludwigsburg könnten deutlich sinken. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Drei Euro das Tagesticket, sechs für die ganze Familie: Der Verkehrsverbund Stuttgart hat ein Konzept gegen den Verkehrskollaps in den Städten der Region vorgestellt. In Ludwigsburg könnte es schon im Sommer umgesetzt werden.

Ludwigsburg - Schon lange wird in Ludwigsburg über die Einführung eines verbilligten Stadttickets für den öffentlichen Nahverkehr diskutiert, jetzt steht das Projekt kurz vor der Umsetzung – und auf der Zielgeraden bringt der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) völlig unvermittelt ein neues Modell ins Spiel. Statt der ursprünglich geplanten Einzeltickets setzt der Verbund nun auf ein stark verbilligtes Tagesticket, um die Menschen zum Umstieg vom Auto auf die Busse zu motivieren. In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag stellte der VVS-Geschäftsführer Horst Stammler das Konzept vor, über das im April abgestimmt werden soll. Am Zeitplan, das haben die Stadträte betont, soll das nichts ändern: In diesem Sommer soll das neue Ticket auf den Markt kommen.

„Wir denken, dass dies ein Superangebot ist“, sagte Stammler. Und womöglich eines, das die Tarifstruktur in zahlreichen Kommunen der Region auf den Kopf stellen könnte. Stammler erklärte in der Sitzung – auch das durchaus überraschend –, das Ludwigsburger Modell auch anderswo anbieten zu wollen. Esslingen und mehrere andere Städte hätten bereits Interesse an speziellen Stadttarifen bekundet.

Drei Euro für das Tagesticket, sechs Euro für die Gruppe

Konkret schlägt der VVS die Einführung eines Tickets zum Preis für drei Euro vor, das einen Tag lang für beliebig viele Fahrten im Stadtgebiet genutzt werden kann. Sechs Euro soll ein Gruppentagesticket für bis zu sechs Personen kosten. Zum Vergleich: Ein regulärer Einzelfahrschein kostet im VVS derzeit 2,50 Euro, eine Hin- und Rückfahrt also fünf Euro. Das Tagesticket würde sich für Ludwigsburger, die sich innerhalb der Stadtgrenzen bewegen, also rasch lohnen. Das Gruppenticket richtet sich vor allem an Familien, die, etwa zum Shoppen, gemeinsam in die City fahren und dafür bislang eher aufs Auto setzen.

Da es sich um gänzlich neue Angebote handelt, muss die Stadt die dafür anfallenden Kosten übernehmen, konkret: dem VVS die Einnahmeausfälle erstatten. Denn wenn Tickets billiger werden, verliert der VVS Geld – allein in Ludwigsburg geht es nach einer Schätzung um 650 000 Euro pro Jahr. Dass im Gemeinderat überhaupt über das Thema gesprochen wird, geht auf einen interfraktionellen Antrag zurück, in dem sich alle für den gesonderten Stadttarif starkgemacht haben. Anfangs allerdings auf einer anderen Grundlage. Die Idee war, nach dem Vorbild von Herrenberg oder Marbach verbilligte Einzelfahrscheine einzuführen. Einen Euro sollte die Karte kosten, doch das erwies sich schnell als nicht praktikabel. Denn werden Einzeltickets zu günstig, verlieren Monats- und Jahresabos an Attraktivität – ein Effekt, den alle vermeiden möchten.

Zuletzt stand daher ein Einzelticket für 1,50 Euro im Raum, und diese Variante hat immer noch Anhänger. Die SPD will daran festhalten, weil sie davon ausgeht, dass Einzelfahrscheine auf größere Resonanz stoßen als Tagestickets.

Das Ticket soll in Ludwigsburg sehr zeitnah eingeführt werden

Die anderen Fraktionen indes signalisierten am Donnerstag, wenn auch noch teils zaghaft, grundsätzliche Zustimmung zu dem neu vorgelegten Konzept, das aus Sicht des VVS mehrere Vorzüge bietet. Der naheliegende Vorteil ist, dass die Nutzer nur ein Ticket kaufen müssen, um einen Tag lang kreuz und quer durch Ludwigsburg zu fahren. Nachweislich würden 90 Prozent aller Bus- und Bahnfahrer mindestens zwei Fahrten pro Tag zurücklegen, so Stammler: eine Hin- und eine Rückfahrt. Schon für diese große Zielgruppe lohne sich künftig das billige Tagesticket. Darüber hinaus entlaste ein Tagesticket die Busfahrer, die andernfalls viel Zeit mit dem Einzelverkauf von Fahrscheinen verlieren würden – mit unvorhersehbaren Folgen für die Pünktlichkeit des Nahverkehrs.

Im April wird sich der Bauausschuss erneut mit dem Thema befassen, bis dahin will die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage formulieren. Sollte dann eine Mehrheit zustande kommen, soll das Stadtticket sehr zeitnah eingeführt werden. Der avisierte Termin ist bereits Anfang Juli.

Parallel dazu treibt der VVS momentan eine umfassende Tarifreform voran, in der unter anderem die Tarifzonen im Verbandsgebiet neu zugeschnitten werden sollen. Beide Vorhaben müssten aber getrennt voneinander betrachtet werden, erklärt der VVS. Während von der Neueinteilung der Zonen vor allem Pendler profitieren sollen, die täglich weitere Strecken zurücklegen, zielen die Stadttickets in erster Linie darauf ab, dem Autoverkehr innerhalb der Städte etwas entgegenzusetzen.