Wirtschaftsminister Robert Habeck ist das Ziel rechtsradikaler Gewaltfantasien. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Ein Video zeigt die angebliche Entführung von Robert Habeck. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die wichtigsten Fragen zu dem Vorfall.

Mit einem gefälschten Video einer angeblichen Entführung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben mutmaßlich Rechtsextreme die Politik in Aufruhr versetzt. Doch die Inszenierung ist kein Einzelfall. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Was zeigt das Video?

Auf dem Video ist ein gefesselter Mann in einem orangenen Gefahrenanzug zu sehen, der in einem Fahrzeug sitzt und einen Sack über dem Kopf hat – offenbar soll er Habeck darstellen. Eine Stimme aus dem Hintergrund verkündet einen vermeintlichen Urteilsspruch: „Sie, Robert Habeck, werden vom Volk verurteilt zu 16 Wochen Pranger auf dem öffentlichen Marktplatz.“ Zuerst berichtete das Online-Portal „Tag24“ darüber. Demnach war das Video unter anderem auf Facebook und in Telegram-Gruppen der sogenannten rechtsradikalen QAnon-Verschwörungsbewegung zu finden.

Wer steckt hinter dem Video?

Das Video bewarb eine Demonstration der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ in Heidenau am Montagabend. Dabei sollte ein Habeck-Darsteller an den Pranger gestellt werden – was die Behörden allerdings untersagten. Die Demonstrationen der rechtsextremem Partei finden in Sachsen regelmäßig statt, früher wegen der Corona-Maßnahmen, nun wegen der steigenden Energiepreise. Dabei ist der Zuspruch überschaubar: Am Montag soll die Teilnehmerzahl zweistellig gewesen sein.

Welche Konsequenzen hat das Video?

Die Dresdner Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit dem Video wegen eines Anfangsverdachts von Straftaten. Derzeit werten die Ermittler das Video noch aus und prüfen, ob es sich um eine „öffentliche Aufforderung zu Straftaten“ und um eine „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ handelt. In diesen Fällen wären auch mehrjährige Haftstrafen möglich. Der Staatsanwaltschaft liegt das Video seit Freitag vor, wie lange die Ermittlungen dauern, ist noch unklar.

Wie groß ist das Problem „Gewaltfantasien gegen Politiker“ in Deutschland?

In Zeiten multipler Krisen ist auch das Protestpotenzial hoch und das zieht Extremisten an. „Für Rechtsextreme ist die Lage eine ideale Mobilisierungsfläche, um sich als angeblich volksnah zu präsentieren und die angespannte Lage für ihre eigene Agenda zu nutzen“, sagte die Psychologin und Extremismusexpertin Pia Lamberty unserer Zeitung. Die Regierung werde für die Krisen verantwortlich gemacht und Verschwörungserzählungen verbreitet. Vor allem die Grünen scheinen das Feindbild dieser Bewegungen zu sein. Auch die Zahl sogenannter „Hasskriminalität im Internet“ gegen Amtsträger hat laut Bundeskriminalamt zugenommen.

Wie reagiert die Politik?

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigt sich besorgt: „Der friedliche Protest hört eben da auf, wo andere bedroht werden wie jetzt im Fall auch von meinem Kollegen Robert Habeck.“ Und auch die Opposition ist schockiert. „Ein kleiner aber immer radikalerer Teil der Querdenker hat jede Hemmung verloren, unseren Rechtsstaat anzugreifen“, sagt Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion unserer Zeitung. Die inszenierte Entführung eines Ministers sei die Eskalation eines Wahnsinns, auf den die Sicherheitsbehörden reagieren müssten. Faeser müsse jetzt handeln: „Alleine mit ihren vielen Ankündigungen, die völlig ohne Folgen bleiben, stellen wir die Sicherheit unseres Landes nicht wieder her.“