Jäger und Sammler unter sich: ob eine der Schallplatten wohl besonders wertvoll ist? Foto: dpa

Manche Schallplatten sind ein kleines Vermögen wert – die LP, in der es in Andrew Cartmels „Murder swing“ geht, sogar ein sehr großes. Hans Jörg Wangner hat die mörderische Geschichte rund um eine schwarze Scheibe mit einigem Vergnügen gelesen.

Stuttgart - Wenn ein Rezensent „knisternde Spannung“ verspricht, dann sollte er entweder seine Metaphernkiste abstauben – oder aber das Buch hat mit Schallplatten zu tun, mit schwarzem Gold, mit Nadeln aus Diamant, an denen die Vinyl-Junkies hängen. Bei Andrew Cartmels „Murder swing“ ist beides der Fall.

Sein Krimi erzählt von einem Londoner Plattenjäger und -sammler, der die Flohmärkte und Secondhand-Läden durchstöbert, immer auf der Suche nach einer Rarität, die er teuer verticken und so seinen Lebensunterhalt für die nächste Zeit bestreiten kann. Irgendwann hat er mal Visitenkarten mit der Berufsbezeichnung „Vinyl-Detektiv“ drucken lassen, doch das war eher aus Jux.

Halb Emma Peel, halb Katze

Da taucht eines Tages eine geheimnisvolle Schöne bei ihm auf, Nevada Warren, halb Emma Peel, halb „die verfluchte Katze in ,Shrek‘“, wie es an einer Stelle heißt. Sie bittet ihn für einen noch geheimnisvolleren Auftraggeber, eine ganz bestimmte LP zu finden – natürlich die Originalpressung in der Originalhülle, alles andere wäre den Staub auf der Rille nicht wert.

Gesucht ist die 14. und letzte Produktion eines Labels namens Hathor, das in den 50ern gerade mal ein Jahr überlebte, ehe es in die Pleite und der Inhaber in den Tod getrieben wurde. „Easy Come, Easy Go“ heißt die Platte, die von einem gewissen Easy Geary eingespielt wurde, einem fiktiven Jazz-Pianisten aus der Thelonius-Monk-Elmo-Hope-Klasse. Also eher Bebop und Hardbop als der im deutschen Titel genannte Swing („The Vinyl Detective – Written in Dead Wax“ lautet im englischen Original der Titel).

Abgrund an Niedertracht

Der Vinyl-Schnüffler macht sich auf den Weg und merkt schon bald, dass das Unterfangen nicht nur nahezu aussichtslos, sondern auch ziemlich gefährlich ist. Rechts und links wird gestorben, der Abgrund an Niedertracht, in den er blicken muss, wird immer tiefer. Dennoch ermittelt er weiter – nicht nur aus genetischen und wirtschaftlichen, sondern durchaus auch aus erotischen Gründen.

Mehr als 500 Seiten nimmt sich Cartmel für diese Geschichte, nur sehr selten schleicht sich mal eine Länge ein. Das ist aber wie auf einer Langspielplatte: zwischen den einzelnen Titeln ist nun einmal etwas strukturierender Leerlauf. Wer aber nur ein bisschen auf Krimis und/oder Schallplatten steht, dürfte mit „Murder swing“ bestens bedient sein.

Andrew Cartmel: Murder Swing. Thriller. Aus dem britischen Englisch von Susanna Mende, Suhrkamp, 528 Seiten, 9,95 Euro, auch als E-Book