André Rieu beim Semperopernball 2017 Foto: dpa/Jens Kalaene

Der charmante Walzerkönig aus Maastricht feiert am 1. Oktober Geburtstag. Seit über 30 Jahren bereist versetzt André Rieu weltweit Millionen mit seiner Geige in Entzücken. Auch privat liebt er es romantisch und wohnt in einem Schloss.

Maastricht - Tausende Lichter strahlen, die Geigen erklingen, die Trompeten schallen, leichtfüßig schweben die Paare über die Bühne. Dann hebt der Maestro im eleganten Frack den Bogen, streicht sanft über die Saiten seiner Stradivari. Die langen, gewellten Haare wirft er gekonnt in den Nacken, dreht sich zum Publikum und schenkt ihm sein strahlendes Lächeln: André Rieu ist der unbestrittene Walzerkönig. Am 1. Oktober wird er 70 Jahre alt.

Seit über 30 Jahren bringt der Niederländer mit seinem Johann-Strauß-Orchester überall auf der Welt sein Publikum in Champagnerlaune und zum Swingen - am liebsten im Dreiviertel-Takt. Legendär sind die Sommer-Konzerte in seiner Heimatstadt Maastricht. Auf dem Vrijthof, dem historischen Platz der Stadt, werden jedes Jahr für Zehntausende Menschen die Sommernächte zum Traum.

Die Liebe zum Walzer begann bei ihm als Kind, erinnert sich der Musiker im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Sein Vater war Dirigent und spielte als Zugabe gerne den Donauwalzer von Johann Strauss (Sohn). Und sofort änderte sich die Stimmung, erinnert sich Rieu. „Die Menschen lächelten, und ich spürte, dass diese Art von Musik die Menschen bewegt.“ Und das will er immer noch erreichen. Auch wenn er inzwischen ein weitaus größeres Repertoire hat. Oper, Musical, Film und Popsongs - aber der Walzer bleibt. „Hauptsache, es berührt die Herzen der Zuschauer“, sagt er.

Rieu gab schon über 3000 Konzerte in 45 Ländern

Den „Maestro der Massen“ nannte ihn die „New York Times“ - und das ist nicht falsch. Mit seinem großen Privat-Orchester gab er bisher über 3000 Konzerte in 45 Ländern, und er hat Millionen Fans auf den sozialen Netzwerken. André Rieu - das ist inzwischen auch ein Millionen-Unternehmen in Familienhand. Er verkaufte über 40 Millionen Alben.

Auch auf der Bühne gibt es Superlative. Die Dekors seiner Shows sind bombastisch, Musikerinnen tragen ausschweifende Ballroben in Pastellfarben, Musiker erscheinen im Frack. Die Fantasie kennt kaum Grenzen. Einmal ließ Rieu sogar das Wiener Schloss Schönbrunn auf der Bühne nachbauen. Das war finanziell etwas zu viel des Guten: Um ein Haar wäre er pleite gegangen.

Jetzt hat er gerade eine Konzertreise durch Kolumbien beendet. Chile folgt. Im nächsten Jahr steht seine große Geburtstagstournee durch Deutschland an - „meine zweite Heimat“, wie er sagt. Die Familie seiner Frau Marjorie stammt aus Deutschland, und dort hat seine Karriere auch begonnen.

Dass Musik auch leicht und locker sein kann, lernte er nicht von seinem Vater. Im Gegenteil. „Musik war damals Arbeit, kein Vergnügen, sowohl im Orchester meines Vaters als auch bei uns zu Hause.“ Der Vater sei ein sehr strenger Mann gewesen, erinnert sich Rieu. „Er war auch zu Hause der Dirigent.“

Der Musiker spricht das Publikum in mehreren Sprachen an

Rieu will das Gegenteil. Die Leute sollen sich bei ihm wohlfühlen. Auf der Bühne spricht er sie mit charmantem Akzent in mehreren Sprachen an. Mühelos verbindet er dann Mozart und Michael Jackson, Abba und Johann Strauß. Mit einer guten Portion niederländischer Lockerheit, Charme und Humor geht eben vieles. Mit der Geige in der Hand macht der Maestro in seinem Walzer-Dekor sogar Witzchen über Europa und spricht gar das wenig romantische B-Wort aus, Brexit. Und: Die Zuschauer sind entzückt. „Gerade in einer Zeit von Brexit, Flüchtlingskrisen und politischer Instabilität brauchen wir Musik, die die Menschen zusammenbringt“, sagt er.

Er selbst gönnt sich auch im Privatleben eine gute Portion Romantik. Bei Maastricht lebt der Walzerkönig in seinem eigenen Schloss aus dem 15. Jahrhundert gemeinsam mit seiner Frau Marjorie, mit der er seit 44 Jahren verheiratet ist. Einst soll dort schon D’Artagnan gewohnt haben, einer der Drei Musketiere.

André Rieu denkt noch lange nicht ans Aufhören. „Die 70“, meint er, „fühlt sich wirklich eher an wie die Mitte des Lebens.“ Dann geht vielleicht auch noch ein Wunsch in Erfüllung: Ein gemeinsames Konzert mit seinem eigenen musikalischen Helden Bruce Springsteen.