Ozan Kabak setzt zu einem Flugkopfball an. Foto: Pressefoto Baumann

Neuer Trainer, neues Glück? Im Fall des VfB Stuttgart gilt das für Spiel eins unter Nico Willig: ja! Weil sich die Spieler auf die Ideen des Neuen eingelassen haben. Das und mehr zeigt unsere Spielanalyse „Fünferkette“.

Stuttgart - Letzte Woche pfui, wenige Tage später hui – wie ist das möglich? „Fußball ist manchmal unerklärbar“, sagte Ron-Robert Zieler, der Torhüter des VfB Stuttgart, nach dem 1:0-Sieg seines Teams gegen Borussia Mönchengladbach. Vor einer Woche waren die Stuttgarter noch 0:6 beim FC Augsburg unter die Räder gekommen.

Es folgte das Aus für Trainer Markus Weinzierl, unter Interimscoach Nico Willig hat sich das Team innerhalb einer Woche berappelt. Das lag vor allem an den Maßnahmen des neuen Mannes, aber nicht nur, wie unsere Spielanalyse „Fünferkette“ zeigt.

Spielidee: Wer eine total auf Offensive getrimmte Mannschaft erwartet hatte, wurde zunächst enttäuscht. Eine Dreierreihe mit den Routiniers Andreas Beck, Gonzalo Castro und Dennis Aogo vor einer Vierer-Abwehrkette klingt nicht gerade nach einem Offensivfeuerwerk. Der VfB agierte insgesamt in einer 4-3-1-2-Ordnung mit Daniel Didavi als hängender Spitze – und Neu-Trainer Nico Willig hielt dennoch Wort. Er hatte eine aktive Mannschaft angekündigt, und genau das war das VfB-Team über weite Strecken des Spiels auch. Die Gladbacher, in einer 3-4-1-2-Ordnung angetreten, fand zwar immer wieder Lücken im VfB-Spiel, konnte sie aber nicht nutzen.

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Spielentscheidend: „Wir wollten Gladbach unter Druck setzen, haben sehr hoch und sehr tief verteidigt“, sagte Nico Willig nach der Partie und konnte damit zufrieden festhalten, dass die Mannschaft ihm in seinem ersten Spiel gefolgt war. „Wir haben uns darauf eingelassen“, meinte Ersatzkapitän Andreas Beck, der mit seinen Kollegen deutlich aktiver, aggressiver und mutiger zu Werke ging als noch unter Willigs Vorgänger Markus Weinzierl. Das war für zweierlei Dinge entscheidend: Zum einen hatte der VfB durch diese Spielweise viel mehr Torraumszenen als zuletzt und kam so auch zum entscheidenden Treffer. Zum anderen goutierten auch die Fans diese Art des Fußballs und nahmen nach 20 Minuten die lautstarke Unterstützung des Teams wieder auf.

Spielentscheider: An Anastasios Donis scheiden sich seit fast zwei Jahren die Geister. Mal gibt er den Turbo mit den genialen Momenten, dann ist er wieder eine Art Phlegma, das die Defensivarbeit vernachlässigt. So hat er sich beim VfB bislang nicht durchgesetzt. Unter Nico Willig hat er erneut eine Chance bekommen – und sie vorerst genutzt. Mit einer geschickten Drehung ließ er Gladbachs Verteidiger Nico Elvedi alt aussehen und erzielte das Tor des Tages. „Wir haben uns den Sieg verdient“, sagte Donis, „so müssen wir weitermachen.“ Der einzige Spielentscheider auf Stuttgarter Seite war der Grieche übrigens nicht. Hätte Ron-Robert Zieler in der vierten Minute nicht glänzend pariert, hätte das Spiel einen anderen Verlauf genommen.

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Wortspiel: „Wir haben alles auf dem Platz gelassen.“ Sagte Andreas Back nach der Partie – und wer eine geeignete Szene für die Bereitschaft der VfB-Mannschaft als Beleg brauchte, musste nach dem Schlusspfiff nur auf Nicolas Gonzalez achten. Der Argentinier lag, Arme und Beine von sich gestreckt, fast eine Minute lang wie leblos auf dem Rasen. Eine Woche nach dem Desaster von Augsburg scheinen auch Wille und Leidenschaft ins VfB-Team zurückgekehrt. Was sich vor allem auch beim Kampf um die zweiten Bälle zeigte.

Spielplan: Durch die Ergebnisse von Hannover 96 (1:0 gegen Mainz 05) und Schalke 04 (4:2 in Dortmund) war der Druck auf den VfB noch einmal gewachsen. Entsprechend wichtig der Sieg gegen Borussia Mönchengladbach. Platz 16 ist damit etwas mehr abgesichert, das Erreichen von Platz 15 erscheint dennoch utopisch. So oder so will und muss der VfB weiter punkten. Am kommenden Samstag (15.30 Uhr) tritt das Team bei Hertha BSC in Berlin an. „Wir dürfen nicht nachlassen“, mahnte Torhüter Zieler. Und Willig ordnete ein: „Der Schritt war von der Intensivstation auf die Krankenstation.“