Die Profis des VfB Stuttgart sind enttäuscht vom 2:2 gegen Berlin. Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB hat enttäuscht und fühlt sich nach dem 2:2 gegen Union Berlin laut Nico Willig „wie ein angeschlagener Boxer“. Trotzdem macht der Trainer fürs Rückspiel Hoffnung. Unsere Analyse in der „Fünferkette“.

Stuttgart - Das Publikum hatte den VfB lange Zeit frenetisch angefeuert – doch nach Schlusspfiff waren die 58.618 Besucher in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena, sofern sie nicht aus Berlin kamen, bitter enttäuscht. Und so mussten sich die Stuttgarter Spieler nach dem 2:2 (1:1) im Relegations-Hinspiel gegen den 1. FC Union bei ihrem Gang vor die Fankurve wüste Beschimpfungen anhören.

„Wir haben uns das sicher anders vorgestellt. Wir wollten den ersten Schritt in Richtung Klassenverbleib machen. Das ist uns nicht gelungen – aber es ist erst Halbzeit. Es gibt noch eine Partie zu spielen“, sagte der Stuttgarter Trainer Nico Willig nach dem Hinspiel, in dem es seiner Mannschaft an Energie und Entschlossenheit fehlte. Der VfB konnte trotz der Unterstützung von den Rängen keine Dominanz auf den Gegner ausüben. Fast schien es so, als hätten einige Akteure den Ernst der Lage nicht begriffen.

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Zweimal gingen die Stuttgarter durch die Altmeister Christian Gentner (42.) und Mario Gomez (53.) in Führung, zweimal konnten die Berliner durch Suleiman Abdullahi (43.) und Marvin Friedrich (68.) ausgleichen. Am Montag steht den Stuttgartern nun ein nervenaufreibendes Rückspiel in der Alten Försterei im Berlin-Köpenick ins Haus, wenn es sportlich ums Überleben geht. Steigert sich die Mannschaft nicht, droht ihr der erneute Sturz in die zweite Liga.

Spielplan Nico Willig schickte seine Erfolgself vom 3:0-Sieg über den VfL Wolfsburg auf den Rasen. Hinten bildeten Ozan Kabak und Marc Oliver Kempf das Abwehrzentrum – vorne sollte das Trio Anastasios Donis, Chadrac Akolo und Nicolas Gonzalez für den nötigen Schwung sorgen. Der Torjäger vergangener Tage, Mario Gomez, saß zunächst auf der Bank. Doch von Beginn an kam der VfB holprig in die Partie. Das lag daran, dass Gonzalo Castro auf der Sechs nervös begann – und sich im Angriff das alte Problem der Stuttgarter offenbarte. Im Sturm präsentierte sich der VfB über weite Strecken wie ein zahnloser Tiger.

Spielentscheidend Durch seine zögerliche Haltung, viele Fehlpässe und einen wenig energiegeladenen Auftritt machte der VfB die Eisernen aus Berlin selbst stark. Kein Profi bei den Stuttgartern zeigte eine überdurchschnittliche Leistung – dagegen fielen einige in ihrer Leistung ab. Da war zum einen der Innenverteidiger Kabak, der sein schlechtestes Spiel im Trikot mit dem Brustring machte. Beim Ausgleich zum 2:2-Endstand ließ der junge Türke seinen Gegenspieler Marvin Friedrich entwischen und völlig frei zum Kopfball kommen. Aber auch andere patzten: So ließ sich Emiliano Insua vor dem 1:1 von Torschütze Suleiman Abdullahi dicht vor dem Tor ausspielen und fälschte den Ball dann auch noch ab. „Das 1:1 hat meiner Mannschaft gezeigt, dass hier heute etwas möglich ist“, sagte der Union-Trainer Urs Fischer: „Es war eine tolle Leistung meiner Mannschaft.“

Spielentscheider Er kam, sah und traf. Gerade mal sechs Minuten stand der zur Halbzeit eingewechselte Mario Gomez auf dem Rasen, da konnten die Massen über die erneute Führung jubeln. Gomez setzte in zentraler Position zu einem Sprint mit Ball an – und zog an der Strafraumkante mit links ab. Dabei hatte der Stürmer Glück, dass der Union-Profi Marvin Friedrich den Ball noch abfälschte, ehe er zum 2:1 über die Linie trudelte. Doch mit einem VfB-Sieg und dem Matchwinner-Status für Gomez wurde es nichts, weil sich die oft zu passiven Stuttgarter abermals den Ausgleich einfingen.

Spielentscheidend Power, Einsatzbereitschaft und Motivation bis in die Haarspitzen – das hatte der Trainer Nico Willig von seinen Spielern eingefordert. Auf dem Rasen bekam er davon aber reichlich wenig zu sehen. So stand etwa die Leistung des Offensivspielers Anastasios Donis sinnbildlich für diesen verkorksten Fußballabend. Zunächst setzte der Grieche ein positives Ausrufezeichen, als er vor dem 1:0 durch Gentner auf dem rechten Flügel abging wie die Post – und dann noch genau in den Lauf seines Kapitäns passte. Warum aber Donis im Mittelfeld beim Stand von 2:2 etwa Pirouetten mit Ball drehte wie in den Schlussphase, und diesen dann auch noch verlor, das wird sein Geheimnis bleiben. „Es gilt für uns am Montag, im Rückspiel mehr Mut und mehr Aggressivität auf den Platz zu bringen“, sagt Willig, der sich ansonsten schützend vor seine Mannschaft stellte.

Wortspiel „Wir fühlen uns jetzt wie ein Boxer, der eine abgekriegt hat. Jetzt müssen wir uns schütteln und positiv an das Rückspiel ran gehen“, sagt der VfB-Interimstrainer Nico Willig

Spielplan Dem VfB steht nun im Stadion an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick im Relegations-Rückspiel am Montag (20.30 Uhr) der große Showdown einer verkorksten Saison ins Haus. 2200 Fans werden die Mannschaft im Stadion unterstützen. Der VfB muss gewinnen – oder ein Unentschieden mit mindestens drei Toren holen. Sonst ist er zum zweiten Mal binnen drei Jahren abgestiegen.