Ein heißer Fall hat die Justiz beschäftigt. Foto: Archiv

Ein heißer Fall ist vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt worden: In einer Fellbacher Sauna war es zu einer blutigen Messerstecherei gekommen.

Überall nur liebe Menschen, und plötzlich laufen dann zwei rum wie abgestochene Schweine.“ Sarkasmus spricht aus den Worten des Staatsanwalts. Seit zwei Stunden werden der Angeklagte und Zeugen verhört – ohne verwertbares Ergebnis. Niemand kann den Tathergang stichhaltig beschreiben. Ein Küchenmesser soll während einer Schlägerei im Spiel gewesen sein, aber keiner hat es gesehen.

Der Vorfall, der vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt wird, hat sich am 30. Dezember des vergangenen Jahres zugetragen. In einer russischen Sauna in Fellbach wurden bei einer Schlägerei zwei Männer schwer verletzt. Der Angeklagte Dimitri W. soll dabei einem Landsmann mit einem Küchenmesser eine fünf Zentimeter lange und drei Zentimeter tiefe Wunde in der Ellenbogenbeuge zugefügt haben. „Ich habe niemand gestochen“, sagt Dimitri W..

Der Angeklagte erzählt, wie er mit Freunden am Vorabend von Silvester in der russischen Sauna war. Der 35-Jährige gehört dort zu den Stammgästen. Eine Gruppe neuer Besucher hat dort Billard gespielt. Weil es sich um eine spezielle Variante des Spiels handelte, wurde Dimitri W. wiederholt von einem der jungen Männer namens Boris D. nach den Regeln gefragt. „Das ging mir mit der Zeit auf die Nerven, und ich habe ihn gebeten, mich in Ruhe zu lassen“, sagt der Angeklagte.

Er habe versucht, Boris D. aus dem Weg zu gehen, und sei deshalb in die Teeküche gegangen, erzählt Dimitri W.. Der sei ihm aber gefolgt, habe ihn plötzlich an der Kehle gepackt und einen Kopfstoß ins Gesicht verpasst. „Ich habe ihn dann an den Armen gepackt und aus der Küche geschubst.“ Im Barraum hätten sich dann die Freunde von Boris D. auf ihn gestürzt. „Alle waren schon angezogen, nur ich war in Saunatuch und Badeschlappen.“

Der Verteidiger reicht Richterin Dotzauer Bilder, die eine Ärztin von Dimitri W. nach dem Vorfall in der russischen Sauna gemacht hat. Sie zeigen den Angeklagten mit Hämatomen und Schürfwunden an Hals, Auge, Armen, Brust und Knien. Auch musste er am linken Zeigefinger zwei Mal genäht werden.

Als Zeuge steht auch Igor F. vor Gericht. Der 29-Jährige zählt zu den Freunden von Boris D. und wurde bei der Schlägerei schwer verletzt. „Plötzlich habe ich gemerkt, dass Blut aus meiner Jacke läuft“, sagt Igor F.. Er dachte zunächst, das Blut sei die Folge eines Schlages. „Dann habe ich die Schnittwunde am Oberarm gesehen.“

Richterin Dotzauer blickt auf Fotos, die diese Verletzungen dokumentieren. „Eine wüste Wunde – als ob jemand mit dem Messer drin rumgebohrt hat“, sagt sie. Die Frage, ob er während der Schlägerei ein Messer gesehen hat, verneint Igor F.. Doch er sagt, er habe nach dem Tumult gesehen, wie ein Mann mit rotem T-Shirt dem Angeklagten ein Küchenmesser mit gebogener Klinge aus der Hand genommen hätte.

Der Mann im roten T-Shirt ist der Saunabetreiber, und der steht ebenfalls als Zeuge vor Gericht. Er habe weder Dimitri W. mit einem Messer gesehen, noch wie es zur Stichverletzung gekommen sei , sagte Joachim K.. „Es war kein Messer aus unserer Küche.“ Diese habe er nach dem Vorfall auf Vollzähligkeit geprüft. „Es waren alle da und nirgends war Blut dran.“

Nachdem auch ein weiterer Zeuge keine stichhaltige Aussage machen konnte, verzichtete das Gericht darauf, weitere Zeugen anzuhören. „Wir können nicht rausfinden, welche Version die richtige ist“, sagte Richterin Dotzauer. „Niemand hat das Messer gesehen.“ Mit Zustimmung der Verteidigung und des Staatsanwaltes wurde das Verfahren eingestellt.