Drei junge Männer sind vor Gericht noch einmal mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Foto: Archiv/Alexandra Kratz

Das Jugendschöffengericht verurteilt drei einschlägig vorbestrafte junge Männer von den Fildern wegen Körperverletzung zu Bewährungsstrafen.

Filder/Nürtingen - Ich bin nicht davon überzeugt, dass da nix mehr passiert“, sagte die Vorsitzende Richterin des Jugendschöffengerichts Astrid Hagen am Ende ihrer Urteilsbegründung voller Zweifel. Soeben hatte sie am Donnerstag drei junge Männer von den Fildern wegen mehrerer Körperverletzungs-Delikte zu Freiheitsstrafen zwischen zwölf und 18 Monaten verurteilt – und die Strafen zur Bewährung ausgesetzt. Ein letztes Mal ließ sie eine Tür offen, die es dem Trio ermöglicht, einen Weg in ein Leben ohne Schlägereien, Drogen und Alkohol einzuschlagen. „Sie dürfen sich jetzt nichts mehr erlauben“, drohte Hagen.

 

In den vorangegangenen fünf Stunden hatten sich die Prozessbeteiligten um die Aufklärung von drei Taten bemüht, die inzwischen rund ein Jahr zurückliegen. Am Rande des Plattenhardter Straßenfests hatten zwei der inzwischen 18 und 19 Jahre alten Angeklagten – ein Brüderpaar mit griechischen und deren Kumpel mit italienischen Wurzeln – einem Gleichaltrigen einen Schneidezahn ausgeschlagen. Wenige Tage später attackierte ein Duo beim S-Bahnhof in Echterdingen eine Gruppe wesentlich älterer Männer, die auf dem Heimweg von einem Biergartenbesuch war. Das blutige Resultat: Ein stark alkoholisierter 37-Jähriger Mann erlitt durch einen Schlag mit einer Warnbake eine Jochbein- und eine Augenbodenfraktur. Der dritte Vorfall spielte sich auf der Königstraße in Stuttgart ab, wo wiederum zwei aus dem Trio morgens gegen 4 Uhr eine Gruppe von Studenten provozierte und verfolgte, bis es zu Handgreiflichkeiten kam. Das Ergebnis: Einer der Studenten trug Schürfwunden und ein zugeschwollenes Auge davon.

Zahlreiche Verurteilungen

Die Angeklagten versuchten vor Gericht, sich zum Teil als Opfer darzustellen. Nicht sie hätten provoziert, sondern auf die Aktionen der anderen Beteiligten reagiert. Diese Sicht der Dinge, fasste Richterin Hagen später sinngemäß zusammen, decke sich nicht mit den Zeugenaussagen. „Es war also ganz anders als man es sonst so von Ihnen kennt“, kommentierte die Richterin die Aussage eines Angeklagten mit unverhohlener Süffisanz und Verweis auf zahlreiche Verurteilungen wegen Körperverletzung.

Insgesamt sieben Opfer und Beobachter der Straftaten waren im Lauf des Vormittags in den Zeugenstand gerufen worden, darunter Typen, die optisch und verbal Auftritte hinlegten, wie man sie sonst nur aus diversen Gerichtsshows in den privaten Fernsehkanälen kennt.

„Schwierige Familienverhältnisse“

Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe äußerten in ihren Stellungnahmen die Auffassung, man müsse es den Angeklagten „hoch anrechnen“, dass in den zurückliegenden zehn Monaten nichts mehr vorgefallen sei. Sie sprachen sich, obwohl teilweise bereits gegen frühere Auflagen verstoßen worden ist, erneut für Bewährungsstrafen aus. Sie verwiesen ausdrücklich auf die „schwierigen Familienverhältnisse“. Die jungen Männer seien „nicht erzogen worden“, hätten „keine Konfliktlösungsmechanismen gelernt“.

Nur in einem Fall blieb die Richterin unter dem Antrag des Oberstaatsanwalts. Er hatte für den Angeklagten, der an allen drei Taten beteiligt war, 21 Monate beantragt. Die beiden Brüder müssen zusätzlich 120 Stunden, der dritte Verurteilte 100 Stunden soziale Arbeit ableisten. Alle drei sollen sich außerdem unverzüglich in Drogenberatung begeben.