Erhitzte Gemüter beim Kreisligaspiel: Nach Abbruch eines Spiels in Ludwigsburg wurde der Schiedsrichter von Fans und Spielern verprügelt. Foto: Avanti

Drei Fußballer und Zuschauer des FV Dersim Sport Ludwigsburg sind am Amtsgericht zu Haftstrafen von acht bis 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Sie sollen im vergangenen Mai einen Schiedsrichter verprügelt haben. Ihre Anwälte hatten auf Freispruch plädiert.

Ludwigsburg - Drei Männer aus Ludwigsburg und Kornwestheim sind am Amtsgericht wegen gemeinschaftlicher, gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen von acht Monaten bis anderthalb Jahren verurteilt worden. Die Männer im Alter von 24 bis 42 Jahren sollen bei einem Fußballspiel in Ludwigsburg im vorigen Frühjahr einen Schiedsrichter so heftig attackiert haben, dass dieser nach eigenen Angaben Todesangst gehabt hat. Der ehrenamtliche Schiri hatte Prellungen und eine Zahnfraktur erlitten. Weil die Angeklagten nicht vorbestraft sind, wurden die Strafen zur Bewährung ausgesetzt.

Abpfiff in der 66. Minute

Es ging um den Aufstieg in die Bezirksliga, als der TSV Grünbühl am 14. Mai 2017 in der Kreisliga A gegen den FV Dersim Sport Ludwigsburg spielte. Nach übereinstimmender Aussage von Spielern und Zuschauern war das Spiel von der ersten Minute an sehr hitzig, Spieler beider Seiten gingen offenbar sehr ruppig zur Sache. Als es in der 66. Minute nach fünf Gelben Karten eine Gelb-Rote Karte für Dersim geben sollte, attackierten die Spieler den Schiedsrichter so vehement, dass er das Spiel wenig später abbrach.

Daraufhin stürmten aufgebrachte Zuschauer das Feld und drängten den Unparteiischen in eine Ecke. Herbeigeeilte Ordner des Gastgebervereins Grünbühl versuchten, dem 42-Jährigen Körperschutz zu bieten und ihn gegen die aggressive Menschenmenge abzuschirmen. Doch die Übermacht war zu groß: Es gelang einigen der Angreifer – Zeugen sprachen von einem Pulk von 40 bis 50 Menschen – dem Schiri mehrere Faustschläge zu verpassen. Und zwar so kräftig, dass dieser eine Platzwunde am Auge bekam, ihm ein Zahn ausgeschlagen wurde und er mehrere Tage unter Kopfschmerzen litt.

Auch die Verteidiger der drei Angeklagten beteuerten, dass sie „zutiefst missbilligen“, was am Tattag auf dem Fußballplatz im Ludwigsburger Stadtteil Grünbühl passiert ist. „Das ist eine völlig inakzeptable Situation gewesen“, sagte eine Anwältin. Selbst wenn der Schiedsrichter eine Fehlentscheidung getroffen hätte, rechtfertige das nicht die Gewaltattacke. Auch sie sei dafür, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen würden – „aber die richtigen“.

Nach Ansicht der Verteidiger saßen jedoch die Falschen auf der Anklagebank. Sie meinten, dass trotz dreier Prozesstage und der Vernehmung von 26 Zeugen nicht bewiesen werden konnte, wer letztlich wirklich zugeschlagen habe. „Vermutungen reichen für eine Verurteilung nicht aus“, sagte ein Rechtsanwalt. Darum plädierten alle drei Anwälte auf Freispruch für ihre Mandanten.

Der Staatsanwalt war dagegen überzeugt, dass das Verfahren gezeigt habe, dass mindestens ein Angeklagter zweifelsfrei als Täter überführt worden sei. Die entsprechenden Aussagen von Zeugen und dem Opfer seien glaubhaft gewesen.

Die übrigen Angeklagten hätten sich der Mittäterschaft schuldig gemacht. Von diesem Vorwurf könne im Falle einer Massenschlägerei nur der freigesprochen werden, der den Konflikt schlichte oder beende. Aber keiner der drei habe das auch nur versucht. „Im Übrigen greift hier eine Generalprävention, die das Ehrenamt besonders schützen soll“, sagte der Staatsanwalt. Er forderte Haftstrafen von 14 bis 18 Monaten auf Bewährung, mit der Auflage von Geldzahlungen und Arbeitsstunden.

Extrem aggressiv

Mit dieser Strafe sei der Aspekt der Generalprävention zu wenig gewürdigt, meinte der Opferanwalt. Er warf den Angeklagten Feigheit vor: „Da hat keiner den Schneid, sich hinzustellen und zu sagen, ja ich habe Mist gebaut.“ Stattdessen hätten sie wiederholt versucht, sich mit dem Verweis darauf, dass der Schiri „falsch gepfiffen“ habe, herauszuwinden. Der Nebenklagevertreter forderte Haftstrafen von anderthalb bis zwei Jahren und eine Wiedergutmachung des Schadens: „Mein Mandant musste viermal zur Zahnbehandlung, Diese Kosten hat ihm bisher niemand erstattet.“

Das Gericht verurteilte alle drei Angeklagten wegen gemeinschaftlicher, gefährlicher Körperverletzung – obwohl nicht allen eine direkte Tat nachgewiesen werden könne. „Es reicht aus, wenn jemand solche Taten aktiv physisch oder psychisch unterstützt“, sagte die Richterin. Dass sie extrem aggressiv mitgemischt hätten, hätten viele Zeugen bestätigt.