Ein Berufsschüler musste sich vor dem Amtsgericht Ludwigsburg für einen Hitlergruß verantworten. Foto: dpa

Eigentlich habe er nur seine Lehrerin provozieren wollen. Dann aber bekannte der angeklagte Berufsschüler sich vor Gericht zum Nationalsozialismus.

Ludwigsburg - Ein 20-jähriger Berufsschüler aus Möglingen musste sich an diesem Donnerstag vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten, weil er im Unterricht einer gewerblichen Schule in Stuttgart für alle hörbar den Gruß „Heil Hitler“ gesagt hatte. Der Vorwurf lautete auf Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Zwar hatte der junge Mann bereits zu Beginn der einstündigen Verhandlung gestanden, diesen Satz gesagt zu haben, doch der Vorsitzende Richter hatte durchaus Probleme, dem Angeklagten die Gründe für sein Handeln zu entlocken. „Es ist kompliziert“, sagte dieser zunächst nur. Er habe seine Lehrerin provozieren wollen, weil sie ihn schon „seit langer Zeit“ herabsetze wegen seiner Gesinnung. Er sei bekennender Nationalsozialist und „ich stehe zu meiner Einstellung, mir macht es nichts aus, wenn andere wissen, wie ich drauf bin“, sagte der Angeklagte. Das belegten auch persönliche Gebrauchsgegenstände des Mannes: Ein Handy, verziert mit SS-Runen, und ein Schlüsselanhänger mit der Aufschrift „Klagt nicht, kämpft.“ Dieser Spruch war Motto der Wehrmachts-Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg und wird heute in der rechten Szene genutzt.

Bekenntnis zum Rassismus

Der Richter äußerte Zweifel am Verständnis der Nazi-Ideologie von Seiten des Angeklagten: „Rassismus, Gleichschaltung, Antisemitismus – sagt Ihnen das etwas“, fragte er den Mann, der sich daraufhin offen zu diesen Einstellungen bekannte. Gründe dafür wollte er nicht nennen, nur soviel: „Ich möchte mich vom Durchschnittsbürger abgrenzen.“

Allein dies hat der Angeklagte bereits durch sein Verhalten in der Vergangenheit getan: Er bekam mehrfach richterliche Weisungen wegen Körperverletzung, Diebstahls und Sachbeschädigung. Hinzu kamen Aufenthalte in Psychiatrien und eine Untersuchungshaft im Jugendgefängnis in Stammheim. Einen Hauptschulabschluss konnte er aufgrund der vielen Zwischenfälle nicht erlangen. Im Jahr 2012 war er, auch am Amtsgericht Ludwigsburg, zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. „Ich hatte mich ziemlich schlecht unter Kontrolle, das hat sich jetzt gebessert“, sagte der 20-Jährige. Dennoch: Durch den im Januar getätigten Hitlergruß flog der junge Mann von der Berufsschule, seine Ausbildung zur Fachkraft für Holzverarbeitung liegt derzeit brach. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe attestierte ihm dann auch einen „erheblichen Bruch in seiner Entwicklung“, so dass das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen solle.

Zweifel am Verständnis der Ideologie

Der Richter verurteilte den Angeklagten dann zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit. „An Ihrer politischen Einstellung können wir heute nichts ändern“, sagte er im Anschluss, „aber ich wünsche mir, dass Sie irgendwann die Befähigung und die Zeit haben, darüber nachzudenken, was der Nationalsozialismus bedeutet.“ Wenn er seine politische Einstellung weiter in dieser Art öffentlich kundtue, werde er weitere Straftaten begehen. „So werden Sie immer am Rand der Gesellschaft leben.“