Ein 33-Jähriger steht wegen Nötigung vor Gericht. Foto: dpa

Die neue Lebensgefährtin entlastet den Mann, der wegen Nötigung angeklagt ist: Sie habe sich die Nacktvideos seiner Ex-Frau ohne sein Wissen von seinem Smartphone gezogen.

Ludwigsburg - Im Prozess um die angebliche Nötigung einer 32-jährigen Frau hat eine Zeugin den Angeklagten, einen 33-jährigen Mann, der in Schwieberdingen wohnt, entlastet. Die aktuelle Lebensgefährtin des Angeklagten sagte vor dem Amtsgericht Ludwigsburg aus, dass sie bereits Monate, bevor die Nacktvideos an Verwandte der Ex-Frau und Nebenklägerin verschickt worden waren, sich die Videos ohne das Wissen des Angeklagten von dessen Smartphone „besorgt“ hätte. „Er hat mir keine Videos zur Verfügung gestellt“, sagte die 33-Jährige. Möglich sei das gewesen, weil sie die Pin-Nummer des Smartphones des Angeklagten gewusst habe.

Weitere Angaben wollte die Zeugin indes nicht machen. Sie steht selbst derzeit am Landgericht Stuttgart als Angeklagte vor Gericht. Ihr wird vorgeworfen, Nacktvideos der Ex-Frau ihres Freundes verbreitet zu haben. Die Nebenklägerin und Ex-Frau hatte am ersten Verhandlungstag in Ludwigsburg geschildert, wie Nacktvideos von ihr im Internet, auf Facebook und diversen Messenger-Diensten veröffentlicht worden waren, nachdem sie Anzeige gegen ihren Ex-Mann erstattet hatte.

Nacktvideos an den Vater und die Schwester

Nach der Aussage der Freundin des Angeklagten bleiben für die Verhandlung am Amtsgericht noch zwei versendete Videos relevant für den Fall: Das eine verschickte der Angeklagte an die Schwester seiner Ex-Frau, das andere an ihren Vater. Beides hatte der Angeklagte bereits eingeräumt. Er habe damit zu beweisen versucht, dass er bei der Erstellung des Videos nicht involviert war, hatte der Angeklagte beim vorangegangenen Verhandlungstag ausgesagt.

Seine Ex-Frau hatte ihm vorgeworfen, ihr gedroht zu haben, sich oder ihrer Familie etwas anzutun. Auf diesem Weg soll er mehrmals Geschlechtsverkehr mit seiner Ex-Frau erzwungen haben, ebenso weitere Video-Aufnahmen von ihr, auf denen sie masturbiert. Auch diese Videos habe er dann als Druckmittel gegen sie verwendet.

Es fehlt noch das Gutachten des Rechtspsychologen

Am bislang fünften Verhandlungstag am Dienstag war erwartet worden, dass der Rechtspsychologe eine aussagepsychologische Expertise abgibt. Sie sollte klären, inwiefern die Aussagen der Ex-Frau glaubhaft und beweiskräftig sind. Denn die Angaben der Frau und des Angeklagten widersprechen sich in vielerlei Hinsicht diametral, was den Status ihres Umgangs seit der Scheidung angeht. Während sie ein Leben in Angst und Unterdrückung schilderte, berichtete er von einer glücklichen Beziehung. Die Expertise musste aber mit Zustimmung aller Beteiligten verschoben werden, da einer der beiden Verteidiger des Angeklagten nicht anwesend war.

Das Gutachten des Rechtspsychologen könnte auch insofern von Bedeutung sein, als noch nicht klar ist, mit welcher Motivation die Ex-Frau schließlich nach knapp zwei Jahren heimlicher Treffen Anzeige gegen ihren Ex-Mann erstattet hat. Ihre Version: Eines Tages habe sie ihr Martyrium ihrer Familie offenbart, und die haben ihr zur Anzeige geraten. Seine Version: sie ist mit ihrer Familie im Streit und kann ihnen die Wahrheit nicht erzählen. Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch habe sie begonnen, Lügen über ihn zu verbreiten. Ihre Familie habe sie dann zur Anzeige gezwungen. Eine Polizeibeamtin, die den Fall in Ulm aufgenommen hatte, sagte vor Gericht aus, dass sie den Eindruck hatte, dass die Ex-Frau von einer Freundin und der Familie zur Anzeige gedrängt worden war. „Ich glaube, sie hatte einfach Angst, dass er sich selbst oder ihrer Familie etwas antut“, sagte die Zeugin.

Der Prozess soll am 15. Mai fortgesetzt werden. Erwartet werden dann die Expertise des Rechtspsychologen sowie die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidung. Auch das Urteil soll dann fallen.