Das Amtsgericht verurteilt einen Hetzer zu 1800 Euro Geldstrafe. Foto: dpa

Weil er bei Facebook gegen Muslime gewettert hat, muss ein Hartz-IV-Empfänger 1800 Euro Bußgeld bezahlen.

Göppingen - Es sei doch alles gar nicht so gemeint gewesen. So versuchte ein 50-Jähriger seine schriftlichen Ausfälligkeiten auf Facebook zu entschuldigen. Dort hatte er unter anderem gegen „Drecksmuslime“ gewettert, die doch „sauber in die Kammer“ geschickt werden sollten. Ein anderer User erstattete Anzeige gegen ihn, und der Hetzer erhielt einen Strafbefehl über 1800 Euro – gegen den er sich jetzt vor dem Göppinger Amtsgericht wehren wollte. Der arbeitslose Heizungsinstallateur zog seinen Widerspruch im Lauf der Verhandlung aber wieder zurück, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass es andernfalls noch wesentlich teurer für ihn werden könnte.

„Solche Parolen dürfen nicht getätigt werden.“

Die Richterin hatte weitere, nicht zitierfähige Posts des Mannes verlesen. Die Aussagen erfüllten den Straftatbestand der Volksverhetzung, daran ließ die Richterin keinen Zweifel. „Solche Parolen dürfen nicht verbreitet werden“, machte sie dem Angeklagten klar, der ohne Rechtsvertreter zum Verfahren erschienen war. Dass er sich gegen die verhängte Geldstrafe nun gerichtlich zu wehren versuche, könne teuer für ihn ausgehen, warnte ihn die Richterin. Sollte er seinen Widerspruch gegen die Geldstrafe nicht zurücknehmen, würden ihm unter Umständen auch noch die Verfahrenskosten in Rechnung gestellt.

Der Angeklagte selbst bestritt nicht, die entsprechenden Passagen im Internet veröffentlicht zu haben. „Ich war betrunken und habe Blödsinn geschrieben. Als nächstes war ich bei Facebook gesperrt“, berichtete er. Irgendwie sei er im Zuge einer Diskussion im Dezember des Jahres 2016 „in so ein Fahrwasser“ hineingeraten. Er wisse nicht, wie er die 1800 Euro aufbringen solle, klagte der Mann während der Verhandlung. „Ich bin ein normaler Bürger, der alles verloren hat“, sagte er. Inzwischen sei er ein Sozialfall, ohne eigenen, festen Wohnsitz. Die Geldstrafe könne auch abgearbeitet oder eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt werden, erklärte ihm die Richterin daraufhin.

Das Recht auf Meinungsfreiheit ist nicht grenzenlos

In den sozialen Medien scheinen manche Menschen zu vergessen, dass ihre Äußerungen Folgen haben können. So können Beleidigungen mit einer Geld- oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Im Falle der Volksverhetzung sind sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren möglich. „Die Ansicht vieler Leute, im Internet alles schreiben zu dürfen, ist falsch und mit Einschränkungen bestenfalls Zeichen einer schlechten Kinderstube, häufiger wohl aber Ausprägung einer um sich greifenden Verrohung und Maßlosigkeit“, sagte der Sprecher des Amtsgerichts, Heiner Buchele.

Er betont: „Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist nicht grenzenlos.“ Das Grundgesetz beschreibe einerseits in Artikel fünf, dass jeder seine Meinung frei in Wort, Schrift und Bild äußern dürfe. Im selben Artikel werden Buchele zufolge allerdings auch die Grenzen der Meinungsfreiheit beschrieben: Demnach schränken Vorschriften, Gesetze, Bestimmungen zum Schutze der Jugend oder das Recht der persönlichen Ehre die Meinungsfreiheit ein. In der Rechtsprechung werde die Meinungsfreiheit als hohes Gut betrachtet, und die Grenzen derselben würden deshalb sehr weitreichend ausgelegt, erklärt Buchele. Eine scharfe Grenze gebe es aber nicht. Oftmals sei es ein Graubereich zwischen der erlaubten Meinung und der nicht erlaubten Beleidigung beziehungsweise der Volksverhetzung wie im aktuellen Fall. „Diffamierende Äußerungen wiederum, bei denen die Herabwürdigung des Anderen im Vordergrund steht und es nicht um die Kundgabe von Meinungsinhalten geht, genießen den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit nicht.“