Der Amtsrichter legte dem 25 Jahre alten Angeklagten lediglich Beihilfe zu einem Dienbstahl im Einkaufszentrum Mercaden zur Last. Foto: dpa

Ein 25-Jähriger sitzt bereits wegen anderer Delikte in Haft. Nun sah das Amtsgericht noch Beihilfe zum Diebstahl als erwiesen an, bei dem 52 Armbanduhren entwendet wurden.

Böblingen - Der Richter am Böblinger Amtsgericht, Horst Vieweg, hat nicht im Entferntesten daran gedacht, dass für den Angeklagten eine Strafe zur Bewährung möglich ist. Er verurteilte den 25 Jahren alten Angeklagten zu weiteren 14 Monaten Haft. Er war vor eineinhalb Jahren in ein Geschäft im Böblinger Einkaufszentrum Mercaden eingedrungen und hatte mit einer Komplizin 52 Armbanduhren im Wert von etwa tausend Euro gestohlen.

Ein Mittäter steht Schmiere

Bei dem Mann handelt es sich um einen Serienstraftäter, der Haftstrafen vor allem wegen versuchten Mordes, schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung erhalten hat. Gegen die Komplizin wird im Mai ein Verfahren am Amtsgericht eröffnet. Ein 26 Jahre alter Mittäter, der vor dem Laden Schmiere gestanden hatte, erhielt eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, die auf zwei Jahre ausgesetzt ist.

Die Videoaufzeichnungen aus der Shoppingmall waren für den Richter zunächst nicht eindeutig genug. Ging der Angeklagte wirklich in das Geschäft, einen Schlüsseldienst, der auch Uhren verkauft, oder nicht? Als der Richter sich im Gerichtssaal die Aufnahmen mit einem Polizisten zusammen anschaute und sie sich von dem Beamten erläutern ließ, war die Sache klar. An jenem Novemberabend im Jahr 2016 hatte der Angeklagte mit seiner Komplizin und dem 26-Jährigen Angeklagten kurz vor 21.30 Uhr durch einen Nebeneingang die Shoppingmall betreten, die zu diesem Zeitpunkt noch geöffnet war, obwohl die Geschäfte bereits um 20 Uhr schlossen.

Der Angeklagte streitet die Tat zunächst ab

Wenige Minuten später hatten sie die Türe aufgebrochen, die von keinem Rollgitter gesichert war. „Was drinnen geschah, ist unklar“, stellte der Richter fest. Sicher ist, dass eine Vitrine mit Uhren aufgebrochen worden war. Auf dem Video war noch zu sehen, wie der 25-Jährige und die Komplizin das Geschäft verlassen. Der Angeklagte hatte zunächst abgestritten, dass er bei dem Diebstahl dabei gewesen war. Aufgrund der Aufzeichnungen wollte er nicht mehr leugnen.

Der 25-Jährige musste sich in dem Prozess aber auch noch wegen weiterer Diebstähle sowie einer Beschädigung der Schönbuchbahn am Böblinger Bahnhof Süd verantworten. Dort hatte er die Gleise bei geschlossener Bahnschranke überquert. Der Zugführer missbilligte dies, worauf der Angeklagte in den Zug stieg, gegen die geschlossene Zugführertür schlug und trat. Dasselbe tat er bei einer weiteren Türe. Der Schaden belief sich auf insgesamt 3200 Euro. An die Tat konnte sich der 25-Jährige nicht mehr erinnern. Ob er unter Drogen gestanden hatte, konnte in dem Verfahren nicht geklärt werden.

Schlechte Sozialprognose

Der junge Böblinger, der in Tschechien die Hauptschule besucht hat, verfügt über keine Ausbildung. Zuletzt hat er bei einer Zeitarbeitsfirma gejobbt und sich mit Aushilfstätigkeiten finanziell über Wasser gehalten. Er hat bereits zahlreich Gerichte im ganzen Land beschäftigt – wegen schwerer Diebstähle und Beleidigungen von Polizeibeamten. Diese Delikte standen ebenfalls auf der Liste beim Böblinger Prozess. Dass er Polizisten mit den unflätigsten Schimpfworten bedachte hatte, räumte der junge Mann auch ein.

„Sie werden kein Leben ohne Straftaten mehr führen können“, sagte die Staatsanwältin und traf damit die schlechteste aller möglichen Sozialprognosen. Laut dem Richter hat der 25-Jährige wegen der Vergehen andernorts noch 15 Monate abzusitzen – ohne die nun dazu gekommene Haftstrafe. Es wird sich nun in wenigen Monaten im Prozess gegen die Komplizin bei dem Ladeneinbruch in den Mercaden zeigen, ob ihm eine noch längere Zeit hinter Gittern droht. Verurteilt wurde er jetzt nur wegen Beihilfe zum schweren Diebstahl – sollte es sich im Laufe der Verhandlung aber erweisen, dass er die treibende Kraft war, wird sich das Strafmaß erhöhen.

Die Verteidigerin des 25-Jährigen, die nicht viel für ihren Mandanten ins Feld führen konnte, sah das Strafmaß als angemessen an. Der 26 Jahre alte Mittäter beim Ladeneinbruch, der als Lagerarbeiter 1300 Euro netto monatlich verdient, erhielt vom Amtsrichter eine Geldstrafe von 2000 Euro, die er in Raten von monatlich 200 Euro abstottern muss.